Murkraftwerk: Keine Lösungen im Gemeinderat

Zu einer Sondersitzung zum umstrittenen Murkraftwerk hat sich am Mittwoch der scheidende Grazer Gemeinderat wohl zum letzten Mal zusammengefunden. Dabei zeigte sich vor allem Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) angriffig.

Die KPÖ beantragte mit Unterstützung der Grünen und von Pirat Philip Pacanda die Sondersitzung, bei der die Kommunalvertretung und die Stadtregierung ein letztes Mal in alter Zusammensetzung auftraten, da sich der am 5. Februar gewählte Gemeinderat noch nicht konstituiert hat. Kommunisten, Grüne und Piratenpartei wollten dabei nach neuen Lösungen für das - aus ihrer Sicht - umstrittene Kraftwerk suchen - allerdings mit einem sehr schlechten Blatt in der Hand: ohne politische Mehrheit und ohne rechtliche Grundlage.

Murkraftwerk-Sondersitzung im Grazer Gemeinderat

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KPÖ: „Nicht irgendein Wartehäuschen“

Man könne den Kraftwerksbau nur mehr über eine politische Diskussion stoppen - so begründete dann auch Vizebürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) das Beharren auf einen Sondergemeinderat, der laut Geschäftsordnung gar keine Beschlüsse fassen kann: „Wo, wenn nicht hier, soll man über Probleme, Anliegen und Sorgen sprechen - wenn nicht hier im Grazer Gemeinderat. Es geht nicht um irgendein Wartehäuschen, sondern um ein weitreichendes Projekt. Das kostet viel Geld und verändert unser Stadtbild.“

Es sei „kein guter politischer Stil“, wenn Wissenschaftler-Meinungen, die sich gegen das Kraftwerk aussprechen, vom Tisch gewischt werden, und Kahr zog einen Vergleich zwischen der Kampagne für das Murkraftwerk und jener, die damals für das Atomkraftwerk Zwentendorf gelaufen war: „Nur den Murkraftwerksgegnern wird unterstellt, für Atomkraft zu sein.“ Sie wolle weiter nach einem Ausweg suchen.

Grüner Appell an Bürgermeister Nagl

In dieselbe Kerbe schlug auch die Grüne Gemeinderätin Andrea Pavlovec-Meixner - sie bemühte sich in ihrem Appell an Bürgermeister Nagl, die angriffigen und ausgleichenden Positionen ihrer Parteien unter einen Hut zu bringen: „Sorgen sie für einen Baustopp, sorgen sie für eine Nachdenkpause, sorgen sie für eine Volksbefragung und sorgen sie für Gespräche auf politischer Ebene unter Einbindung von NGOs.“

Nagl: „Verstoß gegen Prinzip der Rechtsstaatlichkeit“

Zuvor allerdings unterstellte Nagl mit einer Auflistung alter Aussagen den Grünen Kursschwankungen - mit der Folge einer Art politischer Vergangenheitsbewältigung, betrieben von fast allen Fraktionen. Der Bürgermeister warf den Kraftwerksgegnern weiters vor, gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu verstoßen, da alle rechtlichen Bescheide für den Kraftwerksbau positiv ausgefallen seien: „Wer immer an den Säulen unserer Republik rüttelt, sollte wissen, was er da tut. Es haben das Unternehmen Energie Steiermark und dessen Mitarbeiter das Recht, nach österreichischem Recht ein solches Kraftwerk auch zu errichten.“

Murkraftwerk-Sondersitzung im Grazer Gemeinderat

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Siegfried Nagl - er hob auch hervor, dass die Errichtung von einem Drittel des Speicherkanals bereits im Juni 2009 einstimmig im Gemeinderat beschlossen wurde - tat dann auch etwas für die Galerie - im wörtlichen und übertragenen Sinn: Er demonstrierte anhand zweier Wasserproben, dass der kritisierte Speicherkanal für sauberes Wasser in jedem Fall notwendig sei. Eines der Gläser zeigte jenes trübe Wasser, das derzeit bei starkem Regen in die Mur gelangt, das andere, deutlich klarere Wasser soll jenes sein, das künftig nach der Zuführung durch den Speicherkanal in die Kläranlage Gössendorf in die Mur gelassen werden wird. „Es graust einem schon, wenn es da nur vor einem steht“, meinte er mit der Hand auf dem Glas mit trübem Wasser.

FPÖ: „Es sind alle Argeumente gewechselt“

FPÖ-Klubchef Armin Sippel meinte, dass die KPÖ und die Grünen die demokratischen Beschlüsse nicht anerkennen würden und „demokratiepolitische Geisterfahrer“ und „politische Wiederkäuer“ seien. Was auf der Baustelle passiere, sei „kein ziviler Ungehorsam, sondern organisierter Rechtsbruch“. Die Sondersitzung hält er für nicht nötig, denn „es sind alle Argumente gewechselt“. Die FPÖ habe sich nach Abwiegen aller „Pros und Contras dafür entschieden“ und wolle dabei bleiben, denn „die Beschlüsse sind gefallen“. Eine Volksbefragung hätten sich die Blauen zwar gewünscht, sie sei nun aber nicht mehr möglich.

Zahlreiche Protestaktionen gegen Murstaustufe

Der Projektbetreiber Energie Steiermark hatte bereits am Tag nach der Grazer Gemeinderatswahl mit Rodungen am Murufer beginnen lassen – mehr dazu in Rodungen haben begonnen (6.2.2017). Seither gab es zahlreiche Protestaktionen und Baustellenbesetzungen von Projektgegnern – mehr dazu in Murkraftwerk: Aktivisten besetzten Baustelle (15.2.2017) sowie in Rodungen für Murkraftwerk neuerlich blockiert (13.2.2017) und in Murkraftwerk: Protestcamp geräumt (10.2.2017).

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