Stiwoll: Ein Ort in Ausnahmezustand

Seit dem vergangenen Wochenende herrscht in Stiwoll Ausnahmezustand: Nach dem Doppelmord am Sonntag und der seither laufenden Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter ist in dem Ort nichts wie sonst - Polizei bestimmt das Bild.

Immer wieder fahren unzählige Autos aus steirischen und Kärntner Bezirken ins Tal - bewaffnete Polizisten am Steuer ihrer Privatautos, auf dem Weg zum Dienst, um den Todesschützen zu suchen.

Je näher bei Stiwoll, desto weniger Menschen

Der Unterschied zum Alltag ist aber auch an den morgendlichen Tätigkeiten der Bewohner zu erkennen: Von Hitzendorf kommend, ist in den Orten wie Neudorf oder St. Bartholomä auf dem Weg nach Stiwoll noch alles wie immer - Hundebesitzer sind mit ihren Tieren unterwegs, Schüler warten auf den Bus, Pendler fahren in Richtung Graz und zum Autobahnverteiler Lieboch. Je näher bei Stiwoll, desto enger wird das Tal und desto seltener sind Menschen zu sehen.

Der gesuchte Täter

Polizei

Der gesuchte Mann

Die Einwohner von Stiwoll halten sich mit Tätigkeiten im Freien zurück, allerdings entspannte sich die Lage für sie in den vergangenen Tagen etwas, sagt Bürgermeister Alfred Brettenthaler: „Die Informationsveranstaltung am Donnerstag hat dazu geführt, dass viele Menschen aus erster Hand Auskünfte zur Lage erhalten. Das hat schon zur Beruhigung beigetragen. Wir wollen zur Normalität zurückkehren.“ - mehr dazu in Doppelmord: Stiwoll im Ausnahmezustand und in Cobra-Chef zu Doppelmord: Eher Tat im Affekt

„So vernünftig sind Leute von selbst“

Dazu gehört auch, dass niemand die Wälder rund um den Ort betritt: „Das haben wir niemandem vorgeschrieben, so vernünftig sind die Leute von selbst, dass sie nicht in den Wald gehen“, sagt der Bürgermeister, „und am Feld gibt es ja derzeit nichts zu arbeiten.“

Der Doppelmord von Stiwoll

Der Fußballplatz am südlichen Ortsrand wird tagsüber von Polizeihubschraubern benützt, die dort für die Suche starten und landen. Der USV Stiwoll braucht den Platz für heuer nicht mehr: Der Fußballverein hat sein letztes Spiel am Freitag vor der Bluttat absolviert - auswärts. Die Hubschrauber, die die Gegend in der Nacht und am Tag abfliegen, sind das, was einerseits beruhigt, aber andererseits paradoxerweise auch nervös macht - das sagt zumindest eine Bewohnerin auf dem Weg zum örtlichen Kaufhaus. Die Informationsveranstaltung habe beruhigt, mehr sei nicht zu sagen.

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Viele fragen sich seit Tagen, was hinter dieser Wahnsinnstat von Stiwoll steckt. Helmut Schöffmann hat sich die Vorgeschichte und die Hintergründe näher angeschaut.

In Cafes und Gasthäusern der Gegend um Stiwoll von St. Oswald ob Plankenwart bis Hitzendorf kommen Gäste und Personal früher oder später auf die Bluttat vom vergangenen Sonntag zu sprechen: Manche wollen den 66-jährigen mutmaßlichen Todesschützen gekannt haben, zumindest vom Sehen. „War nur eine Frage der Zeit, bis da was passiert“, sagt eine Frau in einem Lokal in Hitzendorf.

Begräbnisse am Samstag bzw. Dienstag

Am Samstag wird eines der Opfer des mutmaßlichen Todesschützen, ein 64-jähriger Nachbar des Mannes, am Friedhof von Stiwoll zu Grabe getragen, das zweite Opfer, eine 55-Jährige Frau, soll am Dienstag beerdigt werden. In beiden Fällen war gebeten worden, von Blumengestecken oder Kränzen abzusehen und stattdessen an die Pfarrkirche Stiwoll bzw. für die örtliche Feuerwehr bzw. für den Musikverein zu spenden.

Ermittlungssonderkommission gegründet

Die Suche rund um Stiwoll werde laut Polizei jedenfalls bis auf weiteres fortgesetzt - mehr dazu in Alarmfahndung in Thal und in Doppelmord: Cobra durchsuchte Stollensystem. Es soll auch eine Ermittlungssonderkommission gegründet werden - sie soll Ansätze für weitere Fahndungsmaßnamen finden. Dann könne man auch punktuell wieder Suchmannschaften einsetzen. Die Objekte und Personen, die auf der Gefährdungsliste der Polizei stehen, werden weiterhin intensiv überwacht - mehr dazu in Doppelmord: Verdächtiger „kein Unbekannter". Die Volksschule und der Kindergarten sollen nächste Woche wieder geöffnet werden.

Mit Gewehr auf Nachbarn geschossen

Der gesuchte 66-Jährige hatte am Sonntag mit einem Gewehr das Feuer auf seine Nachbarn eröffnet: Eine 55 Jahre alte Frau und ein 64-jähriger Mann starben, eine weitere Anrainerin wollte fliehen und wurde schwer verletzt, sie ist außer Lebensgefahr - mehr dazu in Zwei Menschen in Stiwoll erschossen.