Klimt-Weithaler: „KPÖ wird Gegen-Position“

Es ist Halbzeit zwischen den Landtagswahlen 2015 und 2020. Zu diesem Anlass sind alle Parteichefs der Landtagsparteien zu Gast auf Radio Steiermark. Die ersten Fragen beantwortete Claudia Klimt-Weithaler von der KPÖ.

Die aus Fohnsdorf stammende Claudia Klimt-Weithaler zog bereits 2005 für die KPÖ in den steirischen Landtag ein, 2010 folgte sie Ernest Kaltenegger als Klubchefin nach. Am Montag sprach sie mit Radio Steiermark Redakteur Günter Encic über die Politische Situation im Land.

Radio Steiermark: Frau Klimt-Weithaler, für die KPÖ müsste der politische Rahmen jetzt sehr günstig sein: Bundespolitisch ist türkis-blau zu erwarten. Die Grünen sind stark mit sich selbst beschäftigt - liegt da nicht Wählerpotenzial brach?

Claudia Klimt-Weithaler: Ich hoffe, dass das die Menschen auch so sehen. Jedenfalls arbeiten wir seit 2005, seit wir im Landtag sind, konsequent an unseren Themen: das sind vor allem der Sozialbereich, aber auch das Thema „Wohnen“. Oder auch das Thema „Glücksspiel“.

Radio Steiermark: Wenn man die Meldungen der Austria Presseagentur durchsieht, ergänzen sich diese Themen noch durch Gesundheit und Pflege. Ist dieses Themenspektrum breit genug?

Klimt-Weithaler: Das glaube ich schon. Das sind Themen, die den Großteil der Bevölkerung treffen. Also, wohnen muss jeder. Und auch diejenigen, die keine Probleme haben, weil sie zum Beispiel in einem Haus leben, haben mit anderen Problemen auch zu kämpfen. Das heißt: Wenn man die Themen Gesundheit, Pflege, Wohnen und Glücksspiel zusammennimmt, dann decken diese Themen ein weites Spektrum ab. Abgesehen davon gibt es ja auch immer wieder Menschen, die nicht unmittelbar von der Politik profitieren, die wir machen, die das aber auch für gut befinden und sagen: Sie sehen, dass wir uns um jene kümmern, die schwächer sind und die sonst nicht gehört werden. Da gibt es auch einen Solidaritätseffekt.

Radio Steiermark: Über diesem pragmatischen Zugang gibt es auch ein gesellschaftspolitisches Dach: die Kritik an der Wirtschafts- und Gesellschafsform des Kapitalismus. Schreckt dieses Dach potenzielle Wählerinnen und Wähler ab?

Klimt-Weithaler: Wir sind eine nützliche Partei und wir haben einen marxistischen Kompass. Ich glaube - gerade jetzt - in Zeiten wie diesen, wird es für immer mehr Menschen wichtiger, sich auch mit dem auseinanderzusetzen. Wir erleben das ja auch immer wieder. Stichwort Paradise Papers, Steueroasen: Es gibt Unmengen an Geld auf dieser Welt, das steuerschonend von ein paar wenigen irgendwo geparkt wird. Und dem Großteil der Bevölkerung erklärt man: Es ist nichts da, ihr müsst den Gürtel enger schnallen.

Radio Steiermark: Es gibt derzeit eine Projektionsfläche für jene, denen zu wenig bleibt, wie Sie sagen: die Flüchtlinge. Sind das Wählerpotenziale, die Sie nicht erreichen?

Klimt-Weithaler: Ja, leider, muss man sagen. Weil es nämlich auf der anderen Seite Parteien gibt, die FPÖ etwa, die mit dieser Sündenbockphilosophie in Wahlauseinandersetzungen gehen. Anstatt den Menschen zu erklären, warum es ihnen schlecht geht - so wie wir das auch versuchen - gehen sie her und suchen Schuldige. Es geht nicht darum, Schwache gegen noch Schwächere auszuspielen. Aber ich gebe Ihnen völlig recht: Viele Menschen glauben, würde man jetzt alle Menschen zurückschicken oder die Grenzen komplett dicht machen oder würde es bei uns keine Menschen mehr geben, die nicht ursprünglich in Österreich geboren wurden, dann würde alles besser sein. Und da muss man ihnen sagen: Nein, das ist nicht so.

Radio Steiermark: Das, was bei den Wahlanalysen sichtbar geworden ist, ist, dass logische und vernunftbezogene Argumente weniger wirken, als die von der Emotion überlagerten. Was bleibt Ihnen an politischem Handeln?

Klimt-Weithaler: Meistens hat es mit dem zu tun, dass sie selbst eine schlechte Erfahrung gemacht haben, dass es ihnen selbst nicht gut geht. Da sind viele Emotionen da, da kann man dann stundenlang darüber diskutieren, wie viele Prozent des Sozialbudgets die Mindestsicherung bundesweit ausmacht - das hilft den Menschen in dem Augenblick nicht weiter. Ich glaube, unsere Chance ist die, wirklich konsequent für die Menschen da zu sein, damit sie auch sehen: Wir kümmern uns um sie, wir lassen sie nicht im Stich.

Radio Steiermark: Frau Klimt- Weithaler, streben Sie die KPÖ-Spitzenkandidatur für 2020 an?

Klimt-Weithaler: Es schaut im Moment ganz danach aus, nachdem ich ja noch nicht im pensionsfähigen Alter bin, auch bei der Wahl 2020 als Spitzenkandidatin ins Rennen zu gehen. Aber das muss von den Gremien beschlossen werden, und ich muss auch von meiner Partei dafür gewählt werden.

Radio Steiermark: Frau Klimt- Weithaler, nicht zuletzt die Sondierungsgespräche in Deutschland haben gezeigt, dass bei Gesprächen über die Parteigrenzen hinweg das persönliche Verhältnis zwischen Gesprächspartnern wichtig ist. Wie gut ist Ihre Gesprächsbasis mit den steirischen Parteichefs?

Klimt-Weithaler: Ich kann für mich sagen, dass ich mit allen eine sehr gute Kommunikationsebene habe. Das ist unter den „Klubobleuten“ auch so, dass man sich gegenseitig anruft oder nachfragt, wenn es Probleme oder Ideen gibt. Ich kann auch mit den Regierungsmitgliedern sehr gut. Ob ich immer so bequem bin für alle Regierungsmitglieder, das müssen Sie die fragen, aber ich pflege da einen sehr guten Kontakt.

Radio Steiermark: Ein zentrales Thema der steirischen Landespolitik werden die Bereiche Gesundheit, Spital und Pflege sein...

Klimt-Weithaler: Wir werden den Menschen sagen, dass wir grundsätzlich nichts gegen Reformen haben. Wir haben uns in den letzten Monaten sehr intensiv mit den Themen Gesundheit und Pflege auseinandergesetzt. Was wir aber nicht wollen, ist, dass man jetzt hergeht und auf dem Reißbrett eine Reform zeichnet und sagt: So wollen wir das haben. Und jetzt sperren wir ein paar Krankenhäuser zu, denn da sollen irgendwann einmal Alternative Gesundheitszentren entstehen.

Radio Steiermark: Heißt das: Nur ein Ja zur Spitalsreform, wenn die Primärversorgungszentren flächendeckend vorhanden sind?

Klimt-Weithaler: Nur, wenn die Primärversorgungszentren so ausschauen, wie sie ursprünglich geplant waren. Dass es dort Ambulanzen gibt, dass es Fachärzte gibt. Und deswegen sage ich: Es wäre besser, wenn man die Spitäler vorläufig noch offen ließe - da muss man schauen, wie man da auch einen gemeinsamen finanziellen Weg gehen kann.

Das Gespräch führte Günter Encic, Radio Steiermark

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