Staatsanwaltschaft Graz beruft gegen Arzturteil

Am Donnerstag hat die Staatsanwaltschaft Graz gegen den Freispruch eines oststeirischen Arztes „wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe“ berufen. Ihm wird vorgeworfen, jahrelang seine Kinder gequält zu haben.

Die Berufung wurde wegen „vorliegender Nichtigkeitsgründe sowie wegen des Ausspruches über die Schuld“ beim Landesgericht Graz eingebracht, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung.

Hansjörg Bacher, Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, erklärte diese Entscheidung schließlich damit, dass im Zusammenhang mit dem nicht rechtskräftigen Freispruch „formelle Begründungsmängel geltend gemacht werden“. Das Urteil sei „formell nicht richtig begründet“ worden, die Beweiswürdigung werde inhaltlich bekämpft.

Diskussion um Urteilsbegründung

Der Richter hatte beim Prozess und in seinem Urteil sehr viel Verständnis für den angeklagten Arzt gezeigt - und sehr wenig für dessen Ex-Frau und die Kinder - mehr dazu in Prozess wegen Misshandlung: Freispruch für Arzt (29.9.2017) und Kinder nach Arzt-Freispruch verzweifelt (3.10.2017).

In der Urteilsbegründung machte der Richter dann gar kein Geheimnis daraus, was ihm an den Familienmitgliedern missfallen habe, etwa die Art, wie sie sich angezogen haben oder auch generell der Lebensstil der Ex-Frau - mehr dazu in Urteilsbegründung bewertete Optik der Zeugen (21.11.2017). In Justizkreisen herrscht zum Teil Fassungslosigkeit ob der Urteilsbegründung - mehr dazu in Arzturteil: Begründung macht Justiz fassungslos (22.11.2017).

Entscheidung früher gefallen

Zunächst wollte die Staatsanwaltschaft Graz am kommenden Dienstag darüber entscheiden, ob sie die angemeldete Berufung gegen den Freispruch eines oststeirischen Arztes auch ausführt - mehr dazu in Staatsanwaltschaft beruft gegen Arzt-Freispruch (2.10.2017) -, nun brachte man bereits am Donnerstag Berufung gegen den Freispruch ein.

Nun hat der Beschuldigte vier Wochen Zeit für Gegenausführungen. Die Akten werden anschließend gesammelt an das Oberlandesgericht Graz weitergeleitet, wo zunächst die Oberstaatsanwaltschaft eine Stellungnahme abgeben wird. Danach wird eine Berufungsverhandlung ausgeschrieben, schilderte Bacher den Fristenlauf auf APA-Nachfrage.

Ex-Frau brachte Sachverhaltsdarstellung ein

Neben den Kindern hat auch die frühere Ehefrau des Arztes bereits eine Sachverhaltsdarstellung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien eingebracht. Darin geht es um die vom Richter in der Urteilsbegründung in Bezug auf sie genannten Tatsachenfeststellungen, die laut der Ex-Ehefrau jeder Grundlage entbehren würden und zudem „zutiefst beleidigend und verleumderisch“ seien.

Die Frau ersucht die Korruptionsstaatsanwaltschaft zu prüfen, ob der Tatbestand des Amtsmissbrauchs und der Verleumdung erfüllt sei. Ihr sei unter anderem unterstellt worden, sie habe eine Zeugin zur Falschaussage veranlasst: Untermauert sei dies dadurch worden, dass die Ex-Ehefrau Ärztin und Psychotherapeutin und es ihr somit ein Leichtes sei zu manipulieren. Eine sogenannte Anfangsverdachtsprüfung wurde laut APA bereits eingeleitet - sie soll abklären, ob ein Ermittlungsverfahren durchgeführt wird.