Revolutions-Doppel im Grazer Schauspielhaus

Gleich zwei Revolutions-Stücke in einem bringt das Grazer Schauspielhaus auf die Bühne: Heiner Müllers „Der Auftrag“ und Georg Büchners „Dantons Tod“ wurden zu einem Stück verwoben, in dem auch das Puppenspiel Platz findet.

Sowohl in Heiner Müllers „Der Auftrag“ als auch Georg Büchners „Dantons Tod“ steht die französische Revolution und deren Auswirkungen im Zentrum. Zu einem Stück verwoben wurden die beiden Stücke vom deutschen Regisseur Jan Christoph Gockel und dem Puppenspieler Michael Pietsch.

Müllers „Auftrag“ als Rahmen

Aus dieser Zusammenführung sei - trotz desselben Themas - wieder ein völlig neues Stück entstanden, sagt Gockel: „Eigentlich zwei sehr fatalistische Stücke, die zeigen, dass aus Veränderung eigentlich wieder neues Leid entsteht, und das beleuchten die auf sehr unterschiedliche Weise und auf unterschiedlichen Erdteilen - aber das war auch der Reiz, das zusammen zu spannen. Heiner Müllers ‚Auftrag‘ diente uns als Rahmen und wir haben das so gemacht, das ‚Dantons Tod‘ wie als Theater im Theater mitfährt.“

Dantons Tod Auftrag Schauspielhaus Graz

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Auch Pietsch findet, dass beide Stücke gut zusammenpassen und auch inhaltlich vieles mit der heutigen Zeit zu tun hat: „Ich glaub, es ist schon ein wahnsinniges Vorhaben diese beiden gigantischen Texte miteinander zu verbinden, aber ich glaube auch, dass es eine große Chance ist.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 3.3.2017

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“

Was als Puppenspiel mit dem vom Mini-Schaffott rollenden Kopf Dantons beginnt, mündet letztlich in einem Road-Movie: Ein von einem Jeep gezogener Planwagen macht sich auf den Weg nach Jamaika, auf der rotierenden Bühne mit Videos aus dem Wageninneren umgesetzt. Die drei französischen Abgesandten sollen die europäischen Werte auf die Insel bringen, indem sie Undercover einen Sklavenaufstand initiieren. Dabei bedienen Sie sich zunächst der Masken der Kolonialisten.

Dantons Tod Auftrag Schauspielhaus Graz

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Vor allem der glatzköpfige Debuisson im Businessanzug, gespielt von Nestroy-Gewinnerin Julia Gräfner, gibt den Sklaventreiber mühelos. Damit wird der Ruf nach „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ in Frage gestellt, so Gockel: „Wir stürzen uns immer wieder auf das, was einmal wichtig war, aber Werte, die durch Blut gegangen sind, sind immer Kampfbegriffe gewesen und haben an anderen Orten der Welt auch zu schlimmsten Taten geführt, daher würde ich als politischer Theatermacher jetzt sagen: Wir müssen nach vorne gucken.“

Eigenleben durch Puppenspiel

„Eigentlich hat ‚Dantons Tod‘ mit dem Puppen wieder so ein Eigenleben erfahren, dass wir erstaunt waren, wie sehr dieser Puppenkosmos diesen Pendantkosmos trägt“, sagt Pietsch zur Art der Inszenierung.

Dantons Tod Auftrag Schauspielhaus Graz

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Allein das Volk besteht aus 25 kleinen Puppen: „Dann gibt es die fünf Protagonisten. Ich find es jedesmal sehr besonders, weil es ist ja ein bisschen auch der eigene Kosmos, den man geschaffen hat. Man kennt da jeden Millimeter an diesem Holz und das finde ich gerade diesmal sehr besonders, auch, dass sie sprechen, weil diese Texte so eine Stärke haben und die Puppen in ihrer Naivität, diese Texte auch anders klingen lassen.“

Dantons Tod Auftrag Schauspielhaus Graz

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Regisseur Gockel fügt Büchner und Müller dadurch noch eine dritte Ebene hinzu, nämlich zwei Theatermacher, die sozusagen die sanfte Revolution proben. Sei es doch an uns allen, jetzt zuzupacken, sagt er: „Andere Waffen als die Gewalt, um sich überhaupt des Umstands bewusst zu werden, dass wir kämpfen müssen. Es ist das einzige Positive, was ich aus der aktuellen politischen Lage und aus Herrn Trump ziehen kann, dass wir sehen, was auf dem Spiel steht.“

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