Winzer trotzt Frostjahr mit "-3,6 Grad"-Wein

Das Frostjahr 2016 hat vielen steirischen Winzern zu schaffen gemacht - einige machten aus der Not aber eine Tugend: Wolfgang Retter-Kneissl, Winzer bei Hartberg, brachte eine spezielle Frost-Edition auf den Markt.

Für die heimischen Weinbauern war es wohl eines der schwierigsten Jahre überhaupt - das Frostjahr 2016. Mit rund 84.000 Hektoliter Wein fuhren die steirischen Weinbauern gerade einmal ein Drittel der Vorjahresernte ein. Um das Überleben vor allem kleinerer Weinbauern zu sichern, wurde das steirische Buschenschankgesetz kurzerhand geändert: Weinbauern durften für den 2016er-Jahrgang Trauben aus anderen Bundesländern zukaufen.

Minusgrade im Weingarten und auf der Flasche

Nun sind die 2016er-Flaschen abgefüllt, und es zeigt sich, dass Not nicht nur erfinderisch macht, sondern auch kreativ. So brachte Weinbauer Wolfgang Retter-Kneissl in der Oststeiermark eine Frostedition heraus. "-3,6 Grad" heißt der Wein - so kalt war es an einem Frosttag Ende April 2016 früh am Morgen am Weinberg von Wolfgang Retter-Kneissl nahe Hartberg. Und so entstand der Name für den Wein, Jahrgang 2016, Rebsorte Welschriesling, der rund zur Hälfte aus Trauben aus dem niederösterreichischen Weinviertel besteht.

"-3,6 Grad"-Wein

ORF

Langer Hals und blitzblaues Etikett

Um den Kunden reinen Wein einzuschenken, füllte Retter-Kneissl seine Frostedition in langhalsige Flaschen, die für Niederösterreich typisch sind, und setzte die Minustemperatur auf ein blitzblaues Etikett: „Ich habe im Weingarten eine Wetterstation, und da bin ich über die Minusgrade gestolpert - und da hab’ ich der Agentur gesagt, vielleicht aus Galgenhumor, dass man das einbauen soll. Die minus 3,6 Grad war die tiefste Temperatur“, so der Winzer.

Krise als Chance genutzt

Wolfgang Retter-Kneissl führt den Weinbaubetrieb mit seiner Frau Christina, die auch den Buschenschank betreibt. Auf den eigenen Weinhängen ist dem Ehepaar im Vorjahr nur eine Erntemenge von 20 Prozent geblieben. Nach dem vernichtenden Frost war rasch klar, dass diese Krise als Chance genutzt werden muss: „Anfangs ist man sehr niedergeschlagen. Wir haben dann vier Wochen Zeit gehabt, weil keine Arbeit im Weingarten war. Da ist man dann kreativ geworden“, so Christina Retter-Kneissl.

Anfrage vom Gletscher

Das eigene Label hat es in sich, gibt es doch bereits Anfragen aus tatsächlich frostigen Gefilden: „Vergangene Woche hat ein Wirt vom Stubaitaler Gletscher angerufen. Er meint, das wär der perfekte Sommerwein für den Gletscher“, sagt der Winzer.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 14.3.2017

„Es gibt immer irgendeinen Weg“

Die junge Winzerfamilie will dennoch, dass die Frost-Edition eine Ausnahme bleibt. Man hofft heuer wieder ausschließlich aus eigenen Trauben Wein zu erzeugen, die man nun besonders schätzt. „Man weiß es mehr zu schätzen, was die guten Trauben und Jahre wert sind“, so Christina Retter-Kneissl.

Neben dem Wissen eine gute Marke kreiert zu haben, nimmt Wolfgang Retter-Kneissl aus dem Frostjahr vor allem eines mit: „Man muss Fuß fassen und neue Wege suchen - und es gibt immer irgendeinen Weg.“

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