Eleanor Oliphant - schrullig, einsam, liebenswert

Wenn der Roman-Erstling einer unbekannten Autorin in 26 Ländern erscheint, muss an dem Buch was dran sein. Gelungen ist das der Schottin Gail Honeyman mit „Ich, Eleanor Oliphant“ - und die ist genauso schrullig wie ihr Name.

Eleanor Oliphant ist 30, hat Altphilologie studiert und arbeitet seit neun Jahren als Buchhalterin in einer Grafikdesign-Agentur. Ihr Leben führt sie nach strikten Abläufen: „Ich arbeite von Montag bis Freitag, fange morgens um 8.30 Uhr an und nehme eine Stunde Mittagspause. Am Anfang habe ich mir belegte Brote von zu Hause mitgebracht - aber die Vorräte verdarben immer, ehe ich sie aufbrauchen konnte, weshalb ich dazu übergegangen bin, mir mittags ein Sandwich zu kaufen. Freitags erledige ich nach der Arbeit meinen Wochenendeinkauf bei Marks & Spencer, mittags sitze ich mit meinem Sandwich im Pausenraum, lese die Zeitung von der ersten bis zur letzten Seite und löse die Kreuzworträtsel.“

Cover

Lübbe

Buchtipp:

„Ich, Eleanor Oliphant“ von Gail Honeyman (ISBN: 978-3-431-03978-8) ist im Verlag Bastei Lübbe erschienen und kostet 20.60 Euro]]

Überleben und Funktionieren

So vergehen die Tage, ohne dass Eleanor mit jemandem reden müsste. Jeden Abend geht es gleich nach der Arbeit um 17.30 Uhr ab nach Hause - und auch hier bleibt es eintönig. Tagtäglich steht ein und dasselbe Menü auf dem Tisch: Pasta mit Pesto und Salat. Das ist günstig, einfach herzustellen und enthält trotzdem alle Nährstoffe, so Eleanors Überzeugung. Die Ausnahme ist der Freitag - da gibt’s Pizza, Wein und jede Menge Wodka.

Den einzigen sozialen Kontakt pflegt sie über ein viertelstündiges Telefonat jeden Mittwochabend mit ihrer Mutter. Wo genau diese sich aufhält, wird nicht genau erklärt - „man hat sie für immer weggesperrt, in Anbetracht ihrer Taten nicht weiter verwunderlich“ - ist an einer Stelle im Roman zu lesen. So wie Eleanor ihren Alltag beschreibt, ist es also mehr ein Überleben als ein Leben, ein simples Funktionieren im völligen Unwissen jeglicher sozialer Konventionen.

Ein Weg aus der Einsamkeit

Eleanors Leben soll sich aber auf den Kopf stellen: Sie verliebt sich in einen Musiker, den sie bei einem Konzert auf der Bühne sieht und plant sofort ihr gemeinsames Leben mit ihm. Und das selbstverständlich ohne mit ihm jemals auch nur ein Wort gesprochen zu haben. „Sozial etwas unbeholfen“ ist also nur eine sehr freundliche Umschreibung für die Protagonistin. Denn selbst das Bestellen einer Pizza oder die Anschaffung eines Computers stellen sich als große Herausforderung dar. Bei ihren Schritten in die reale Welt soll ihr ein Kollege in der Agentur helfen - ein junger Mann, den sie eher abfällig beschreibt.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 13.8.2017

Mit viel Humor und Empathie beschreibt Gail Honeyman dagegen die Geschichte von Eleanor Oliphant und ihren Weg aus der Einsamkeit. Und nach und nach offenbaren sich die Ursachen für ihr eigentümliches Verhalten: Eine große Narbe im Gesicht ist nur das sichtbare Zeichen einer großen Verletzung, die sie erlitten hat.

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