Erprobtes und Experimentelles im Schauspielhaus

21 Premieren, davon drei Uraufführungen und sechs deutschsprachige oder zumindest österreichische Erstaufführungen: In der kommenden Saison 2018/19 mixt das Grazer Schauspielhaus Erprobtes mit Experimentellem.

Der Bogen der neuen Spielzeit ist ein weiter: Er reicht von Schillers Drama „Maria Stuart“ aus dem Jahr 1800 bis zu „Erynnia“, einer Auftragsarbeit des Schauspielhauses an den steirischen Autor Clemens Setz, die - nach Auskunft des Schriftstellers - nächste Woche fertig wird. Dazwischen ein Anton Tschechow, aber auch ein Ferdinand Schmalz, Nestroy im modernen Gewand, Kooperationen mit dem Theater im Bahnhof und buchstäbliches Bürgerbeteiligungstheater.

„Das Thema ist Zukunft“

Diese Vielfalt ist überaus beabsichtigt, betont die leitende Dramaturgin Karla Mäder: „Genau so sehe ich die Aufgabe von Stadttheater: Dass wir Generalisten sind, Zehnkämpfer, die in jeder Disziplin bestehen müssen - und das macht den Reiz aus: Dass man sich eben nicht spezialisiert, sondern in die Breite geht.“

„Das Thema ist Zukunft. Zukunft, die nicht vollendet ist“, erklärt Intendantin Iris Laufenberg. Eine Zukunftsutopie aus dem Jahr 1943 steht gleich am Beginn in Haus Eins auf dem Programm: Ayn Rands Roman „The Fountainhead“ wird in der Regie von Daniel Foerster zu sehen sein, Frank Wedekinds „Lulu“ in der schrägen Version der Tiger Lillies, gefolgt von Friedrich Schillers „Maria Stuart“.

Bürger auf die Bühne

Als darstellerische Neuerung erprobt das Schauspielhaus in der kommenden Saison die sogenannte BürgerInnenbühne: Unter dem Motto „Schöne neue Welt“ ist im Prinzip jeder eingeladen mitzumachen, seine Erfahrungen zum jeweiligen Thema einzubringen. Laufenberg orientiert sich dabei an der altgriechischen Agora, dem zentralen Versammlungsplatz, auf dem auch Alltagsthemen verhandelt wurden - Schauspielerfahrung ist übrigens nicht erforderlich.

Auch der Begriff des „grenzenlosen Theaters“ wird in der neuen Saison Wirklichkeit: Ausgehend von der mit dem Nestroypreis gekrönten Inszenierung „Der Auftrag: Dantons Tod“ wird das Stück „Die Revolution frisst ihre Kinder“ frei nach Georg Büchner zuerst bei einem Festival im westafrikanischen Burkina Faso gezeigt: „Es geht um Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit - auch dort“, verrät Laufenberg.

Von Tschechow bis Schmalz

In Anton Tschechows „Der Kirschgarten“ werden „Tradition und Fortschritt aufeinander knallen“, kündigt Laufenberg an. Noah Haidle zeigt in „Götterspeise“ laut Dramaturgin Karla Mäder, „eine Köchin, die versucht, die Welt mit Kochen zu verändern“. Der Autor Ewald Palmetshofer brachte Gerhart Hauptmanns nur noch selten gespieltes Werk „Vor Sonnenaufgang“ in eine neue Form, die ebenfalls auf der großen Bühne zu sehen sein wird.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 25.4.2018

Haus Zwei startet mit „Fake Metal Jacket“ von Sven Recker. Es geht darin um einen Kriegsreporter, der vorgibt, aus Syrien zu berichten und tatsächlich alles fälscht. Als „politischer Spieleabend mit Gästen“ ist „Österreich, wir müssen reden“ angekündigt, eine Koproduktion mit dem Theater im Bahnhof. Ebenfalls eine Koproduktion ist „Tram 83“, eine Uraufführung im Rahmen des steirischen herbstes nach dem Roman von Fiston Mwanza. Auch ein Text von Ferdinand Schmalz ist wieder dabei, er beschäftigt sich in „Schlammland Gewalt“ mit Mehrfachkatastrophen in den Alpen.

Freiheit durch Publikumserfolge

Trotz der vielen guten Ideen muss auch Intendantin Laufenberg ihr Budget mit spitzem Bleistift berechnen, wie sie bei der Programmpräsentation am Mittwoch schildert: „Wir haben das Glück, dass wir dank des großen Publikumserfolges gut weiterarbeiten können - das ist eine Freiheit, die uns unser Publikum geschenkt hat.“

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