Maler Franz Ringel gestorben

Am Freitag ist der Maler Franz Ringel gestorben. Das Gründungsmitglied der Gruppe „Wirklichkeiten“ verstarb an den Folgen einer bereits länger andauernden Krankheit im engsten Familienkreis in seinem Geburtsort Graz.

Franz Ringel

APA/Wolfgang Huber-Lang

Franz Ringel wurde 71 Jahre alt

Ringel wurde am 1. April 1940 in Graz als Sohn eines Rossknechts und einer Wäscherin geboren und galt trotz seiner Öffentlichkeitsscheu als unbequemer, eigenwilliger Zeitgenosse. Mit sechs Jahren kam er zu Zieheltern, einem steirischen Landesrat und Oberschulinspektor und einer Französin, die Kontakte zur Resistance pflegte, Ringels Interesse für Literatur weckte und sein künstlerisches Talent förderte. Mit dem Choreographen Johann Kresnik besuchte er die Hauptschule, bevor er an der Grazer Kunstgewerbeschule eine Keramikausbildung absolvierte.

Von Cobra-Malern beeinflusst

In Wien studierte Ringel an der Angewandten bei Hans Knesl, danach von 1960 bis 1965 an der Akademie bei Albert Paris Gütersloh. Als junger Künstler lernte er Jean Dubuffet und seine „Collection de l’art brut“ kennen und begeisterte sich für die Heftigkeit der Cobra-Maler. Ab 1966 stand Ringel in engem Kontakt zu Leo Navratil und den Künstlern von Gugging.

Zur Gründung der Gruppe „Wirklichkeiten“ kam es im Jahr 1968, als der Kunstkritiker Otto Breicha in der Secession unter diesem Titel sechs bis dahin weitgehend unbekannte Malerpersönlichkeiten ausstellte: Neben Ringel waren das Martha Jungwirth, Peter Pongratz, Wolfgang Herzig, der 1992 verstorbene Kurt Kocherscheidt und der 2009 verstorbene Robert Zeppel-Sperl. Die lose Gruppe von Individualisten verband die Auflehnung gegen die dominierenden Abstrakten rund um die Galerie St. Stephan und die Wiener Schule des Phantastischen Realismus.

Franz Ringel: "Kopf"

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Franz Ringel: „Kopf“

Expressiv und intensiv

Das malerische Werk Ringels wurde geprägt von einem expressiven Gestus und intensiven Farbigkeit, immer wiederkehrende Themen und Antriebskräfte waren Angst und Eros. Eine neue Richtung schlug der Künstler im Alter von 40 Jahren ein, als er eine „grüne“ Phase begann und die ursprünglich oft verwendete Ölkreide durch Acrylfarbe ersetzte.

Seine jüngeren Arbeiten bevölkerten mitunter groteske Zwitterwesen, die sich zu expressiven Kopfformationen und Gesichtslandschaften wandelten. 1981 begann er, seine Werke mit MJM Ringel zu signieren und einer gezeichneten Ringel-Bume zu versehen, wobei die Initialen für die drei wichtigsten Frauen in Ringels Leben - seiner Ziehmutter Margarete, der Mutter Juliane und seiner Ehefrau Maria - standen.

„Abstrakter Pantomime“

Vom Kunstexperten Peter Gorsen wurde er einmal als „abstrakter Pantomime“ bezeichnet, der mit seinem Oeuvre in der „österreichischen Tradition der expressiven Körpermalerei“ stand. Als Ausgangspunkt für etliche seiner Bilder diente die Literatur, wie in frühen Arbeiten beispielsweise eine Kasperlfigur aus Konrad Bayers Stück „Kasperl auf dem elektrischen Stuhl“ auftauchte, oder in späteren Zyklen wie die „Odyssee“ 1985.

TV-Tipp

Der ORF ändert in memoriam Franz Ringel sein Programm und zeigt am kommenden Dienstag (1.11.) um 0.20 Uhr (noch im Rahmen des Kulturmontags) in ORF 2 das Porträt „M.J.M. Ringel - Notgedrungen Maler“ - mehr dazu in tv.ORF.at.

1991 erschien eine von Franz Schuh herausgegebene Monografie, 1999 anlässlich einer Ausstellung im Palais Harrach der Katalog „Franz Ringel. Die Reise nach Petuschki“ mit Arbeiten von 1966 bis 1998. Der Faksimilebildband „Franz Ringel: Achtundsiebzig Bilder für Maria“ mit Aktzeichnungen seiner 1993 verstorbenen Frau wurde 1997 zu einem der schönsten Bücher Österreichs gekürt. Anlässlich seines 65. Geburtstags widmete das Essl Museum dem Maler eine umfangreiche Retrospektive. Offizielle Auszeichnungen waren u. a. der Würdigungspreis für Bildende Kunst des Unterrichtsministeriums (1991) und jener des Landes Steiermark für Bildende Kunst (1993).

Schmied: „Prägende Malerpersönlichkeit“

In einer ersten Stellungnahme von Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) heißt es, dass „wir mit Franz Ringel eine für Österreich prägende Malerpersönlichkeit verlieren“: „Er entzog sich herkömmlichen stilistischen Einordnungen und ging konsequent seinen individuellen Weg. Er setzte bewusst den eigenen Körper als Instrument der Malerei ein, und die Seele wurde zum zentralen Thema seines Werks. Daher ist seine Kunst nicht einfach zu enträtseln, sondern nahezu ein psychoanalytisches Schlüsselerlebnis für die Betrachter“, so Schmied.