Verteidiger: „Kirche im Dorf lassen“

Eine Volksweisheit der Gegenwart besage „Life is not fair“, aber es gebe „Justice“ - und eben jene Gerechtigkeit hat einer der beiden Anwälte von Hannes Kartnig in seinem Plädoyer bei der Urteilsfindung der Schöffenrichter eingefordert.

Hannes Kartnig

APA/Markus Leodolter

Hannes Kartnig werden unter anderem schwerer Betrug, betrügerische Krida und Steuerhinterziehung vorgeworfen

„Es gibt Spieler, die gehen heute mit Millionen spazieren, und hier sitzen Ehrenamtliche und sollen die Zeche bezahlen, die völlig über das Ziel hinausschießt“, so der Verteidiger Kartnigs. Die Abgabenhinterziehung, die Kartnig gestanden hatte, sei zwar kein Kavaliersdelikt, aber man möge „die Kirche im Dorf und Gerechtigkeit walten lassen“.

Nur der Abgabenhinterziehung schuldig

Der Verteidiger beantragte für seinen Mandanten einen Freispruch im Falle des vorgeworfenen schweren Betrugs, der betrügerischen Krida und der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen; nur für die Abgabenhinterziehung sei ein Schuldspruch zu sprechen.

„Nicht das Motiv der Bereicherung hat sie getrieben“

In seinem Plädoyer meinte der Anwalt zur Person Kartnig, dass er gewiss ein eitler Mensch sei, aber er habe Sturm auch zum Meister gemacht und zwar mit „extremen Einsatz und Biss“: „Es gibt die Fußballleidenschaft, die blind macht, aber die gehört nicht vor das Strafgericht.“ Fehler könnten passieren, aber die seien nicht betrügerisch gewesen: „Die Angeklagten hier wirtschafteten nicht in die eigene Tasche. Nicht das Motiv der Bereicherung hat sie getrieben.“

Zum Vorwurf, dass Sturm unter Kartnigs Präsidentschaft die Bundesliga und den steirischen Fußballverband um Kartenerlöse betrogen haben soll, führte der Anwalt zusammenfassend aus, dass es keine rechtliche Grundlage dafür gegeben hätte: Es sei zwar ein Fehler gewesen, nicht genügend Geld abzuliefern, dieser sei aber fahrlässig und nicht vorsätzlich entstanden.

„Rücktritt vom Betrugsversuch“

Bezüglich einer Ausfallhaftung in der Höhe von 1,2 Mio. Euro vom Land Steiermark merkte der Verteidiger an, dass Kartnig letztlich das Geld nicht genommen habe, weil andere Voraussetzungen dafür nicht gepasst hätten. Das sei ein Rücktritt vom Betrugsversuch, damit kein beendeter Versuch und somit auch nicht strafbar.

„Anklage-Fundament ist Treibsand“

Der zweite Kartnig-Anwalt legte noch ein wenig nach, indem er formulierte: „Das Fundament dieser Anklage ist Treibsand“. Ganz besonders verwies er darauf, dass die Wohnungs- und Autozuschüsse für die Fußballer von Sturm Graz, die als Schwarzgeldzahlungen gewertet worden waren, im Zuge der Ermittlungen nie überprüft wurden - es sei nicht klar, ob das Geld tatsächlich geflossen sei. Um das zu überprüfen, wurde daraufhin ein weiterer Verhandlungstermin angesetzt - mehr dazu in Kartnig-Prozess: Urteil verzögert sich weiter.