Umweltzonen: Kurzmann fühlt sich übergangen

SPÖ und ÖVP haben sich am Donnerstag für Umweltzonen zur Feinstaubsenkung ausgesprochen. Im Interview am Freitag fühlt sich der eigentlich zuständige Verkehrslandesrat Kurzmann (FPÖ) übergangen und kündigt Kampfmaßnahmen an.

In einer gemeinsamen Aussendung von Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und seinem Stellvertreter Hermann Schützenhöfer (ÖVP) heißt es, man stünde Umweltzonen für Graz und weitere Feinstaubgebiete positiv gegenüber, für den Fall, dass das Land Steiermark vom Bund ermächtigt würde, selbstständig darüber zu entscheiden - nach einer deutlichen Absage von Verkehrslandesrat Gerhard Kurzmann ist die Umweltzone damit wieder im Rennen.

Kurzmann lehnt weiter ab

Kurzmann bleibt allerdings auch nach der positiven Stellungnahme der sogenannten Reformpartner bei seiner Ablehnung: „Eine Umweltzone bringt nichts, sie ist eine Belastung für die Pendler, kostet in Graz 1.500 Arbeitsplätze. Mir ist der Schwenk, den Franz Voves und Hermann Schützenhöfer hier vollzogen haben, völlig unerklärlich“.

Fahrverbot bei Feinstaub

APA/dpa/Frank Rumpenhorst/ORF

Landesrat Kurzmann fürchtet unsoziale Belastungen sowie Arbeitsplatzverluste

Auch das Vorgehen von Voves und Schützenhöfer überrascht den eigentlich zuständigen Landesrat: „In der Sitzung der Landesregierung (Donnerstagvormittag, Anm.) wurde nicht darüber gesprochen, und es haben mir beide nicht angekündigt, dass sie diesen Schwenk vollziehen werden. Mir ist dann nur eine Presseaussendung auf den Tisch gelegt worden, und ich habe diese mit Verwunderung zur Kenntnis genommen.“

„Mit Sicherheit übergangen worden“

Dementsprechend übergangen fühlt sich Kurzmann: „Übergangen worden bin ich mit Sicherheit, ist die FPÖ, die auch übergangen worden ist. Das ist an sich unüblich und war bisher nicht so üblich, aber ich nehm’ das einmal so zur Kenntnis.“

„Alle Möglichkeiten ausschöpfen“

Kurzmann will nun, wie er sagt, „alle Möglichkeiten ausschöpfen, um noch einmal einen Meinungswechsel herbeizuführen, und selbstverständlich wird die FPÖ den Standpunkt klarmachen, dass wir eine Umweltzone - eine Schließzone Graz - für wirtschaftlich schädlich, als Belastung für die Pendler halten und alle rechtlichen Mittel ergreifen werden.“

FPÖ denkt an Volksabstimmung

Die FPÖ überlegt, eine steiermarkweite Volksbefragung oder Volksabstimmung zu den Umweltzonen zu initiieren.

Voves könnte Umweltzone durchsetzen

Das können allerdings nur direktdemokratische Mittel sein - Kurzmann denkt an eine steiermarkweite Volksbefragung oder Volksabstimmung - denn auch ohne seine Zustimmung als zuständiger Referent könnte die Umweltzone kommen.

Das Immissionsschutzgesetz Luft (IG-L) ist ein Bundesgesetz; demnach könnte der zuständige Minister - in diesem Fall Nikolaus Berlakovic (ÖVP) - das Land ermächtigen, selbst zu entscheiden, und dann dürfte Landeshauptmann Voves die Einführung der Umweltzone verordnen, obwohl sie nicht in seine Ressortzuständigkeit fällt. In diesem Fall müsste Verkehrslandesrat Kurzmann die Umweltzone einführen, egal, ob er dafür ist oder nicht.

Umsetzung in Graz nach Vorbild in anderen Städten

Die Grünen - die ja bekanntlich bei der EU Beschwerde eingebracht haben, weil Kurzmann die Umweltzone nicht einführen will - freut diese Entwicklung: „Schön, dass nun endlich Bewegung in die Sache kommt. Die Stadt Graz ist sofort bereit, ein zeitgemäßes Modell auf Basis der Erfahrungen aus anderen Städten umzusetzen“, so die Grazer Vize-Bürgermeisterin Lisa Rücker (Grüne).

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) schlägt in dieselbe Kerbe: „Das Konzept liegt seit zwei Jahren auf dem Tisch. Ich werde mich dafür einsetzen, dass wir uns so rasch wie möglich mit allen betroffenen Experten zusammen setzen und möglichst rasch zu einer Umsetzung kommen.“ - mehr dazu auch in Feinstaub: Nagl für Fahrverbote (6.12.2011) und in Feinstaub: Stadt Graz kritisiert Land (18.11.2011).

Wirtschaftskammer und Pendler wollen mitverhandeln

Die Wirtschaftskammer lehnte die Einführung einer Umweltzone bisher immer ab und verweist auf die Studie von Joanneum Research, wonach eine Umweltzone in Graz die Feinstaubbelastung nur um 1,26 Prozent senken würde - mehr dazu auch in Feinstaub: Umweltzonen würden nicht helfen (28.9.2011). Die Wirtschaftskammer fordert nun, zumindest mit am Verhandlungstisch für die Einführung der Umweltzone zu sitzen.

Kritik an der Umweltzone kommt auch von der steirischen Pendlerinitiative: Sie sei eine enorme Bealstung für Pendler ohne wirkliche Verbesserung des Feinstaubproblems. Vorsitzender Franz Gosch spricht von einer weiteren systematischen Bürgerverärgerung, einer weiteren Abzocke der bereits höchstbelasteten Autofahrer und einer Schikane für Pendler. Wie die Wirtschaftskammer wollen auch die Pendler bei etwaiigen Gesprächen vor der Einführung dabei sein.