St. Lorenzen: Kritik an Schutzmaßnahmen

Nach den Unwettern im Paltental sind Vorwürfe aus der Bevölkerung laut geworden: Man habe jahrelang vor schweren Murenabgängen gewarnt. Die Behörden dagegen relativieren: Man hätte ein solches Unglück nicht verhindern können.

Erst vor einem knappen Monat habe eine Sitzung mit der Bevölkerung stattgefunden, wo den Einwohnern gesagt worden sei, dass St. Lorenzen „kein gefährdetes Gebiet“ sei, so ein Horst Gabler, der vor den Trümmern seiner Existenz steht - sein Schwiegersohn wusste es aber besser: „Ich bin bei der Feuerwehr, und wir waren noch in der Nacht vor dem Murenabgang in der Klamm und haben bis 1.30 Uhr Bäume weggeschnitten.“ Zur Verklausung kam es danach aber trotzdem.

„Man hätte irrsinnig viel vermeiden können“

Von den Experten seien ihre Sorgen belächelt worden: „Sie sagten, wir sollen sonntags statt spazieren zu gehen eine Bachbegehung machen.“ - „Man hätte irrsinnig viel vermeiden können“, ist sich die Familie sicher.

Versicherung sorgt für Probleme

Viele Betroffene haben auch mit ihren Versicherungen zu kämpfen - mehr dazu in Konsumentenschützer: Basisabdeckung reicht nicht aus (oe1.ORF.at).

„Nicht zu verhindern gewesen“

Anderer Ansicht ist dagegen der Liezener Bezirkshauptmann Josef Dick - durch die vorhandene Wildbachverbauung sei noch Schlimmeres verhindert worden: „Es gibt im Bereich des Lorenzerbaches zahlreiche Wildbachverbauungen, die sicherlich einen erheblichen Beitrag geleistet haben, dass hier Geröll und Schutt zurückgehalten wurden - hätte es diese Verbauungen nicht gegeben, glaube ich, würde die Situation ganz anders aussehen. Es ist eine Frage der Sachverständigen der Wildbachverbauung, wie weit man hier mit zusätzlichen Verbauungen solchen Ereignissen wirksam vorkehren kann“.

St. Lorenzen

LFV/Meier

Aus Sicht von Dick hätte diese Katastrophe nicht verhindert werden können, da die Seitenhänge den Bach vermurt und dann das Wasser aufgestaut haben - mehr dazu auch in Unwetter: St. Lorenzen bleibt Sperrgebiet und in Unwetter wüteten vor allem im Bezirk Liezen.

Berlakovich: „Tausendjähriges Ereignis“

Ähnlich auch Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Einen hundertprozentigen Schutz vor Naturkatastrophen könne es nie geben; die Schutzmaßnahmen in der Steiermark seien beispielsweise auf ein 150-jähriges Hochwasser ausgerichtet gewesen, bei der aktuellen Situation handle es sich aber um ein „tausendjähriges“ Ereignis.

Boden „angesoffen“

Gerhard Baumann von der Wildbach- und Lawinenverbauung Steiermark wiederum verweist auf die Vorgeschichte: Durch die großen Regenmengen des vergangenen Monats sei der Boden „angesoffen“, oder, so der Fachjargon, „tiefgründig durchnässt“ gewesen, zudem sei die Region von rutschanfälligem Schiefergestein dominiert.

Wiederaufbau: „Keine Schnellschüsse“

Nach den ersten Schadensfällen im Juni habe man mit der Projektierung von Murenrückhaltebecken im Schwarzenbachtal begonnen, nun werde man auch das noch größere Problem „Lorenzerbach“ in Angriff nehmen, für das man fünf bis sechs Millionen Euro benötige.

Zur Frage, ob die beschädigten und zerstörten Objekte sofort wieder aufgebaut werden sollen oder ob man neue Schutzmaßnahmen abwarten soll, meinte Baumann: „Man sollte sich das gut überlegen und keine Schnellschüsse machen“.