Neue Exilschreiberin am Grazer Schloßberg

Seit 15 Jahren bietet das Cerrini-Schlössl am Grazer Schloßberg ein Asyl zum Schreiben für in ihrer Heimat verfolgte oder bedrohte Schriftsteller. Für ein Jahr nimmt nun die türkische Autorin Asli Erdogan diese Möglichkeit in Anspruch.

Asli Erdogan studierte in ihrer Heimat Physik und Informationstechnik, ehe sie Anfang der 90er-Jahre für zwei Jahre zur Kernforschungsorganisation CERN nach Genf ging.

Exilschreiberin Asli Erdogan am Schloßberg

ORF

Die Autorin Asli Erdogan fürchtet sich vor Repressalien in der Türkei

Einsatz für Minderheitenrechte

Seit 1996 arbeitet sie als freie Schriftstellerin wieder in der Türkei, wo sie auch mit großen türkischen Literaturpreisen ausgezeichnet wurde. Nach ihren Angaben geriet sie dann aber unter Druck, als sie sich in ihrer Kolumne in einer kurdischen Zeitung für Minderheiten und Menschenrechte stark machte.

Herausgeber bereits verhaftet

Der Zeitungsherausgeber, der für den Nobelpreis nominiert ist, und Kollegen wurden bereits verhaftet. „Das Gefängnis ist immer in meinem Hinterkopf, und ich fühle mich verantwortlich“, verdeutlicht Erdogan ihre Situation, denn die Türkei entwickle sich sehr negativ - es gäbe Massenverhaftungen und Minderheiten wie Aleviten und Armenier würden verfolgt.

Asli Erdogan:

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Die neue Exilschreiberin fasst die Lage so zusammen: „Jedem Oppositionellen droht Gefahr, auch wenn er zurückhaltend und rational formuliert, wozu ich mich auch zähle. Ich sehe das sehr negativ und bin pessimistisch, aber die Signale sind ziemlich eindeutig.“

„Fürchte, der EU-Zug ist abgefahren“

Zur Frage eines EU-Beitritts der Türkei meint Erdogan, sie würde diesen Schritt mittlerweile sehr begrüßen, fürchte aber, der Zug sei abgefahren; die Türkei als muslimisches Land könne aber eine wesentliche Brücke darstellen.

„Land beginnt zu brennen“

Am liebsten würde sie nur Prosa schreiben, sagt sie, aber: „Ich komme aus einem Land, das langsam zu brennen beginnt, und meine Literatur wäre nicht aufrichtig, wenn ich meine Augen verschließe. Schließlich fordere ich damit ja zum Hinschauen auf“.

In Graz hofft sie, Ruhe zu finden und ihren autobiografischen Roman mit dem Arbeitstitel „Nachtzug nach Graz“ zu Ende zu bringen.

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