Fall Oliver: Sorgerecht beim Vater

Im Fall Oliver liegt das Urteil des dänischen Pflegschaftsgerichts vor: Demnach bleibt das Sorgerecht für den Fünfjährigen beim dänischen Vater, eine Rückführung zur Mutter nach Graz wurde abgelehnt. Diese kündigte Berufung an, denn „eine Chance gibt es immer“.

Anfang April hatte der nach dänischem Recht sorgeberechtigte Vater von Oliver seinen heute fünfjährigen Sohn mit Hilfe eines zweiten Mannes nach Dänemark entführt. Der Vater wollte danach aber nicht von einer Verzweiflungstat sprechen - mehr dazu in Kindesentziehung: Däne von Polizei befragt (5.4.2012). Bereits Jahre zuvor soll die Mutter dasselbe getan haben und mit Oliver von Dänemark nach Österreich geflüchtet sein - das gab der Vater in dänischen Medien nach seiner Tat an.

Die in Österreich sorgeberechtigte Mutter wiederum brachte nach der Entziehung ihres Sohnes Klage bei der Staatsanwaltschaft Graz wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung ein. Der Prozess dazu beginnt am Dienstag in Graz - mehr dazu Fall Oliver: Verhandlung am 25. September (23.8.2012). Ob der Vater zu diesem Gerichtstermin erscheinen wird, ist noch offen. Sollte er nicht kommen, könnte erneut ein Europäischer Haftbefehl ausgestellt werden.

Bub

ORF

Der Streit um Oliver zieht sich nun schon seit Monaten

„Keine Rechtfertigung für Entführung“

Vor zwei Wochen fand im dänischen Helsingor unter Ausschluss der Öffentlichkeit der Prozess über eine mögliche Rückführung Olivers nach Österreich nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen statt.

Bei der Verhandlung habe die Mutter laut ihrer österreichischen Anwältin Britta Schönhart dargestellt, dass sie im Juli 2010 auch nach dänischem Recht die Obsorge hatte und legal mit ihrem Sohn nach Österreich gereist war. Das habe auch der Vater bestätigt, so Schönhart, er habe erst nach der Ausreise der Mutter die alleinige Obsorge bei den dänischen Behörden beantragt und auch erhalten.

Im April 2012 holte dann der Vater Oliver zurück nach Dänemark - nach Angaben der Anwältin habe der Kindesvater beim Prozess „keine Rechtfertigung für die Entführung“ des Buben abgegeben: „Er hat auch nicht eingesehen, dass er dem Kind mit seinem Verhalten geschadet hat“, so Schönhart, der Bub erhalte zudem keine psychologische Hilfe.

Gericht: Sorgerecht liege beim Vater

Die Argumentation des Kindesvaters sei unter anderem gewesen, dass der Bub seinen Lebensmittelpunkt in Dänemark gehabt habe - und dieser Argumentation dürfte das Pflegschaftsgericht gefolgt sein: Dem Antrag auf Rückführung Olivers nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen wurde nicht stattgegeben, das Sorgerecht liegt laut Urteil beim Vater.

Mutter habe Kindesvater nicht informiert

So habe nicht der Vater, sondern die Mutter Kindesentziehung begangen, als sie mit Oliver im Jahr 2010 von Dänemark nach Österreich reiste. Zwar habe sie den Kindesvater über diesen Schritt informiert, es aber unterlassen, „konkret noch präzise“ anzugeben, wann dies genau sei, zitiert die Zeitung „BT“ in ihrer Online-Ausgabe das Urteil.

Die Mutter wies die Vorwürfe zurück, sie habe den Kindesvater darüber ausreichend informiert; zudem würde eine solche Informationspflicht „nur Elternteile mit gemeinsamer Obsorge“ betreffen, so ihre Anwältin. Schönhart bezeichnete die Begründung des Urteils als sehr knapp. Es stütze sich darauf, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Buben nicht nach Österreich gewechselt hat, sondern in Dänemark verblieben sei. „Daher ist die dänische Sorgerechtsentscheidung schlagend.“

Vater „ein total glücklicher Mann“

Der Vater sei ein „momentan total glücklicher Mann“ und über das Urteil sehr erfreut, so sein Sprecher Janus Bang: „Das dänische Urteil besagt, dass er vollkommen im Recht war, Oliver aus Österreich zurückzuholen. Es sagt auch, dass die Mutter Oliver illegal nach Österreich gebracht hat, damals im Jahr 2010. Sie hat also gegen das dänische Gesetz gehandelt.“

Berufung angekündigt

Die dänische Anwältin von Olivers Mutter kündigte unterdessen bereits Berufung an: Sie werde das Urteil nicht anerkennen, weil die Behörden damit gegen internationales Recht verstoßen würden. Außerdem habe die Mutter keine Möglichkeit gehabt, sich in Dänemark zu verantworten - aus Angst davor, verhaftet zu werden.

Anwältin: „Politisches Urteil“

Anwältin Schönhart sprach von einem politischen Urteil: „Mit dieser Entscheidung legalisiert Dänemark ein Gewaltverbrechen an einem Kind.“ Die Mutter von Oliver kritisierte zudem am Freitagnachmittag, dass sie als Ausländerin keine Möglichkeit auf ein faires Verfahren in Dänemark gehabt habe.

Mutter hofft weiter

Nach ihren Angaben hätte sie außerdem nicht wirklich Kontakt zu ihrem Sohn: „Ich höre ihn einmal in der Woche, mein Sohn spricht aber nicht mehr mit mir. Ich weiß nicht, was ihm erzählt wurde“, so die Steirerin nach dem Prozess, doch sie hoffe weiter, denn „eine Chance gibt es immer“.

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