Immer mehr Pflegekinder-Opfer melden sich

Immer mehr ehemalige Pflegekinder, die in Pflegefamilien Gewalt erlebt haben, melden sich beim Gewaltschutzzentrum des Landes. Liegt der Fall länger als 25 Jahre zurück, gilt noch bis Ende des Jahres ein Entschädigungsanspruch.

Die Stadt Wien hat im Oktober eine wissenschaftliche Untersuchung zum Thema Ausbeutung und Gewalt an Pflegekindern gestartet. Unter den Opfern sind auch Kinder, die auf steirischen Bauernhöfen bis in die 1970er Jahre ausgebeutet und „wie Viecher“ behandelt wurden. Darunter auch der Fall einer 53-jährigen Steirerin, die bei Pflegeeltern in der Südoststeiermark als Arbeitskraft und Geldbezugsquelle missbraucht wurde - mehr dazu in Pflegekinder wurden „wie Viecher“ behandelt (29.10.2012).

Mut, sich zu melden

Dass es psychische, körperliche und sexuelle Gewalt in steirischen Heimen und Schulen gab, ist spätestens seit der Einrichtung der Opferschutzkommission des Landes vor eineinhalb Jahren Thema. Gewalt erlebten aber auch viele Kinder, die in Pflegefamilien untergebracht waren. Sie sind es, die sich nun vermehrt mit ihren Geschichten an das Gewaltschutzzentrum wenden.

Kind

APA/dpa/Friso Gentsch

Für Zahlungen an all jene, die zwischen 1944 und 1987 Opfer in einer Pflegefamilie wurden, gilt bis 31. Dezember 2012 die Frist sich im Gewaltschutzzentrum zu melden

Die Leiterin des Gewaltschutzzentrums Marina Sorgo: „Ich nehme an, dass sich Menschen, die in Pflegefamilien aufgewachsen sind, nicht so gefühlt haben wie Heimkinder. Sie hatten doch eher das Gefühl, in einer Familie groß zu werden. Dennoch ist es so, dass auch bei diesen Opfern das Bundesland die Fürsorge- und Aufsichtspflicht über diese Kinder gehabt hat und daher auch diesen Entschädigungsleistungen entgegenbringen möchte.“

Gewaltschutzzentrum als erste Anlaufstelle

Erste Anlaufstelle ist das Gewaltschutzzentrum. Dort werden die Geschichten der Opfer angehört, danach an die Opferschutzkommission weitergeleitet. Das kleinste Detail könne wichtig sein, sagt Sorgo: „Bei diesem Gespräch versuchen wir, die Geschichte niederzuschreiben und zu schauen, wie glaubwürdig sie ist und was die Person erzählt. Was wichtig ist, ist alte Dokumente auszuheben, jedes Puzzleteil wie Fotos, Briefe, Dokumente, sonstige Beweise, macht Sinn.“

Entschädigungszahlung von 43 von 139 Fällen

Bisher gab es in 43 von 139 Fällen Entschädigungszahlungen - insgesamt wurden 342.000 Euro ausbezahlt, in bar oder für Therapien. Für Zahlungen an all jene, die zwischen 1944 und 1987 Opfer von Gewalt geworden sind, gibt es eine Frist. Sie können sich noch bis 31. Dezember melden. Diese Frist sollte ausreichen, alle Fälle aufnehmen und aufarbeiten zu können, heißt es aus dem Büro von Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ).

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