Richtertag: Unabhängigkeit der Richter im Visier

Das Weisungsrecht der Justizministerin an die Staatsanwaltschaft war beim Richtertag in Graz am Donnerstag einmal mehr Gegenstand von Kritik. Themenschwerpunkt des Richtertages ist heuer „Justiz und Politik - Justizpolitik - politische Justiz“.

In einer Diskussion zum Thema „Macht - Politik - Justiz“ tauschten sich drei Historikerinnen - die Grüne Abgeordnete Gabriela Moser und „Kurier“-Redakteurin Elisabeth Holzer unter der Leitung von Anita Prettentaler-Ziegenhofer von der Karl-Franzens-Universität - über ihre nicht-juristische Sicht der Dinge aus. Die Unabhängigkeit der Richter war einer der Punkte, der am Nachmittag diskutiert wurden.

Wie mächtig ist der politische Einfluss auf die Justiz?

Auf die Frage, wie mächtig der Einfluss der Politik auf die Justiz sei, ortete Moser ein Problem in der Vermischung von Exekutive und Legislative. „Die Politik hat ja direkten Einfluss mit dem Weisungsrecht“, sagte Holzer. Aus dem Publikum meldete sich der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, Werner Pleischl, zu Wort: „Es führt kein Weg vorbei, die Staatsanwaltschaft irgendwie unabhängig zu machen“, erklärte er. Eine strikte Trennung sei nicht möglich, argumentierte Moser, nur eine interne Kontrolle.

Untersuchungsausschüsse auch im Gespräch

Auch die Untersuchungsausschüsse - Moser gehörte ja mehreren an und war erst im September als Vorsitzende des Korruptions-Untersuchungsausschusses zurückgetreten - wurden diskutiert. Moser sah ein Handicap darin, dass der Ausschuss nicht einmal aktive Abgeordnete laden dürfe. „Die Medien schauen aber zu diesen Ausschüssen genau hin und bekommen mehr Informationen“, ortete Holzer Vorteile im bestehenden System.

Richtertag 2012

Richtervereinigung/Rill

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim bezeichnete die Richter als „starke und wehrfähige Gruppe“

Busek zeigte sich zuversichtlich

Zum Auftakt zur jährlichen Veranstaltung der österreichischen Richter führte der ehemalige Vizekanzler Erhard Busek (ÖVP) seine Überlegungen zu Europa als Rechtsraum aus. Bisher sei nur in Teilbereichen eine Rechtsharmonisierung erreicht worden. „Die Chancen liegen in einer Rechtsannäherung und gegenseitigen Anerkennung von Rechtsentscheidungen“, so Busek. Probleme gebe es dabei bei unterschiedlichen Interpretationen von Entscheidungen, aber auch bei der Durchsetzung in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass „ein Europa des Rechts“ im Entstehen sei.

„Unpolitisches Recht ist Illusion“

Bei der Justiz könne „keine Rede davon sein, dass da alles unabhängig ist“, sagt Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler. Die funktionelle Unabhängigkeit der Richter sei zwar gegeben, diese bedarf allerdings der Absicherung. Der Grazer Verfassungsjurist Joseph Marko betonte, dass auch eine finanzielle Unabhängigkeit als Rückgrat für politische Unabhängigkeit angesehen werden müsse. Eine Verkettung mit der Politik sei trotzdem gegeben, denn „unpolitisches Recht gibt es nicht, das ist eine Illusion“.

„Absicherung der Unabhängigkeit gegeben“

Vorsitzender der Richtervereinigung Werner Zinkl, sprach auch die „innere persönliche Unabhängigkeit“ eines Richters an. Dazu sei ein regelmäßiger Selbstreflexionsprozess wichtig. Seiner Meinung nach ist die „Absicherung der Unabhängigkeit gegeben, es bedarf aber einer Weiterentwicklung“.

„Viele verstehen rechtliche Informationen gar nicht“

Zur Sprache kam auch die Wahrnehmung der Justiz durch die Bevölkerung. Volksanwältin Gertrude Brinek erklärte, sie bemerke „ein starkes Gefühl der Ohnmacht“, das oft daraus resultiere, dass die Menschen die Informationen zu rechtlichen Dingen gar nicht verstehen würden. Es herrsche auch oft die Meinung, dass „das ganze Geld wird für die schillernden Fälle, über die die Medien berichten, verwendet, und für die Kleinen bleibt nichts übrig.“

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