Graz-Wahl: „Sensationell“ bis „schmerzlich“

Die Reaktionen der Parteien auf das Ergebnis der Gemeinderatswahl in Graz reichen von „sensationell“ bis „schmerzlich“. Am größten ist die Freude bei den Kommunisten, die als große Gewinner aus der Wahl hervorgingen.

Nach dem vorläufigen Endergebnis verteidigt die ÖVP ihren ersten Platz, verliert aber deutlich an Stimmen. Den zweiten Platz holt sich die KPÖ mit hohen Stimmengewinnen, dahinter liegen SPÖ, FPÖ und die Grünen - mehr dazu in Graz-Wahl: Nagl verliert, KPÖ legt massiv zu.

Die „Elefantenrunde“ mit den Spitzenkandidaten der künftig im Gemeinderat vertretenen Parteien und ORF-Steiermark-Chefredakteur Gerhard Koch können Sie hier nachsehen:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Spitzenkandidaten GRW 2012, Siegfried Nagl

ORF

Nagl will wieder Regierung bilden

Nagl: „Rennen gewonnen, aber ...“

Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) sieht sich als klare Nummer eins - mit Abstrichen: „Wir haben das Rennen gewonnen, aber nicht in Rekordzeit. Ich habe mir eine stabile Mehrheit gewünscht, diese haben wir nicht erreicht. Ich werde in den kommenden Tagen versuchen, eine Regierung zu bilden.“

Es werde aber nicht leicht werden, einen Partner zu finden, so Nagl. Man habe in den nächsten Wochen viel vor, mit dem Ergebnis müsse man jetzt leben.

KPÖ: „Überglücklich über Ergebnis“

Elke Kahr kann das Ergebnis der KPÖ noch nicht ganz realisieren: „Sensationell, ich bin überglücklich, dass diese Wahlprognosen, die vorab gekommen sind, auch gestimmt haben.“ Mit einem so hohen Gewinn habe sie aber nicht gerechnet. Die fünfjährige Arbeit der KPÖ in Graz habe sich ausgezahlt, man habe das Vertrauen der Leute gewonnen, so Kahr.

Mit dieser Wahl schließt die KPÖ auch an das Ergebnis von Ernest Kaltenegger im Jahr 2003 (20,8 Prozent) an - mehr dazu in Elke Kahr: Heraus aus Kalteneggers Schatten. Auf die Frage zu möglichen Koalitionen meinte Kahr, dass nach wie vor gelte, was sie auch vor der Wahl gesagt hatte - und zwar keine fixe Koalition eingehen zu wollen.

Spitzenkandidaten GRW 2012, Martina Schröck

ORF

Schröck: „Bitteres“ Ergebnis

SPÖ: „Partei ist noch nicht gesund“

Lange Gesichter und offene Enttäuschung gab es in der Parteizentrale der SPÖ: „Ich sage es ehrlich, ich bin traurig. Die Partei war auf dem Boden, und bei dem Ergebnis ist klar: Sie ist noch nicht gesund“, so Spitzenkandidatin Martina Schröck angesichts eines neuerlichen Stimmenverlusts.

Trotz des „bitteren“ Ergebnisses seien viele Junge zur Partei geholt worden, die nun die Basis seien, von der aus man weiterarbeiten wolle. 2017 wolle man wieder Nummer eins werden, so Schröck.

Spitzenkandidaten GRW 2012, Mario Eustaccio

ORF

„Zweiter Gewinner“ Eustacchio

FPÖ: „Wir gehören zu den Gewinnern“

Die FPÖ sieht sich als zweiter großer Wahlgewinner nach der KPÖ - die Freiheitlichen und Spitzenkandidat Mario Eustacchio konnten ebenfalls deutlich zulegen. An das Wahlziel von 15 Prozent kam man knapp nicht heran: „Es ist ein schönes Ergebnis. Leider hat sich die Wahlbeteiligung verringert. Die Zahl steht fest, es gibt zwei klare Gewinner, da gehören wir dazu.“

Eine Koalition will Eustacchio nicht, er setzt auf ein Arbeitspapier: „Ich will keine Koalition, alle müssen an einen Tisch und über Probleme reden. Die kreativen Kräfte sollen dann ein Arbeitspapier erarbeiten, wo die einzelnen Punkte abgearbeitet werden.“

Spitzenkandidaten GRW 2012, Lisa Rücker

ORF

Rücker zeigt sich zufrieden

Grüne: „Wurden von Nagl mitbestraft“

Die Spitzenkandidatin der Grünen, Lisa Rücker, zeigte sich trotz eines Minus bei Stimmen und Mandaten zufrieden: „Wir können mit dem Ergebnis gut leben.“ Zur Ursache für den Stimmenverlust sagte Rücker: „Wir wurden mit Bürgermeister Siegfried Nagl mitbestraft.“ Die Ausgangslage der Grünen sei „eine große Herausforderung gewesen“. Rücker gratulierte Kahr zu deren Erfolg, wünschte sich aber gleichzeitig von ihr, dass „sie nun auch mehr Verantwortung übernehmen“ solle. Eine „bittere Pille“ sei dagegen das Plus für die FPÖ.

In welche Richtung sie sich nun bewegen wolle - Opposition oder Koalition -, konnte sie in einer ersten Reaktion nicht sagen. Sie wolle in den kommenden Tagen verhandeln - ausschließen wolle sie aber nichts.

Spitzenkandidaten GRW 2012, Philip Pacanda

ORF

Pacanda freut sich über Mandat

Piraten: „Politik als Bürgerpartei“

Die Piraten sind wohl so etwas wie die kleinen Gewinner der Gemeinderatswahl - sie schafften ein Mandat im Gemeinderat. „Wir freuen uns alle sehr darüber. Das ist wunderschön für uns, und jetzt können wir als Bürgerpartei Politik betreiben“, so Spitzenkandidat Philip Pacanda. Die Piraten könnten bei der Koalitionsbildung auch das Zünglein an der Waage sein, und Pacanda schließt eine fixe Koalition nicht aus: „Themenmäßig könnten wir mit Schwarz-Rot zusammenarbeiten, wenn das Thema unser Thema ist und wenn sie unsere Werte teilen - aber das gilt prinzipiell für alle. Auch für die FPÖ, wenn sie ein Thema mit uns teilen, aber das ist wahrscheinlich schwierig zu finden.“

BZÖ: „Nehme Wahlergebnis persönlich“

Das BZÖ mit Spitzenkandidat Gerald Grosz schaffte den Einzug in den Gemeinderat nicht mehr. Grosz nimmt das Ergebnis persönlich: „Es ist der Fall eingetreten, dass ich als Person bei dieser Wahl nicht mehr in den Gemeinderat eingezogen bin - das schmerzt. Ich werde meine Konsequenzen daraus ziehen. Mit dem Ergebnis haben mir die Grazer mitgeteilt, dass sie mich nicht im Gemeinderat sehen wollen, und damit ist auch das politische Engagement ohne die politische Legitimation des Wählers unmöglich." Über die Gründe für das schlechte Abschneiden des BZÖ wolle man sich in den nächsten Tagen beraten, so Grosz.

Das Ergebnis der Gemeinderatswahl in Graz wird auch als Stimmungsbarometer für die Landespolitik gesehen. ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer sieht das Ergebnis gelassen, SPÖ-Chef Franz Voves blickt bereits in die Zukunft - mehr dazu in Graz-Wahl: Stimmungsbarometer für Landespolitik?

Wer hat was warum gewählt?

Für den Politologen Peter Filzmaier ist das Ergebnis eine Niederlage für Bürgermeister Nagl (ÖVP), Elke Kahr (KPÖ) die große Gewinnerin. Er schließt auch Neuwahlen nicht aus, eine Regierungsbildung werde schwierig werden - mehr dazu in Filzmaier: „Niederlage für Bürgermeister Nagl“. Die Wahlmotivforscher geben aber auch Antwort, warum die Grazer so wählten, wie sie wählten - mehr dazu in Wer hat was warum gewählt?. Auch dürfte es bundespolitische Einflüsse gegeben haben - mehr dazu in Graz-Wahl: Korruption und Bildung große Themen.

Links: