„Rettungsgasse“ ist das Wort des Jahres 2012

„Rettungsgasse“ ist das österreichische Wort des Jahres 2012. Zum Unwort des Jahres kürte die Jury unter der Leitung des Grazer Professors Rudolf Muhr „Unschuldsvermuteter“. Zum Jugendwort des Jahres wurde „leider geil“ gekürt.

Als Begründung für den Sieger „Rettungsgasse“ führte Muhr an: „Das Wort kam bei den Internetwählern und der Jury mit großem Abstand an die erste Stelle. Die Rettungsgasse wurde mit 1. Jänner 2012 neu eingeführt und verpflichtet Autofahrer, bei Unfällen an den linken und rechten Rand der Straße auszuweichen, um den Rettungskräften und der Polizei Platz zu machen. Da dies nicht immer funktioniert und die Anwendung der Bestimmungen als verwirrend empfunden wurde, ist das Wort seither in aller Munde und Gegenstand von Diskussionen.“

Rettungsgasse

APA/Helmut Fohringer

Über 11.000 Stimmen abgegeben

Nach fünf Wochen, in denen Vorschläge eingesandt werden konnten, fand von 6. November bis 3. Dezember die Wahl via Internet statt. Insgesamt wurden 11.018 Einsendungen registriert, die von 3.800 Teilnehmern stammten.

Platz zwei: „Schulschwänzbeauftragter“

Zum zweitplatzierten „Schulschwänzbeauftragten“ meinte Muhr: „Dieses genuin österreichische Wort bezeichnet einen Beamten der Wiener Schulverwaltung, dem die Aufgabe übertragen wurde, Maßnahmen gegen das in der Bundeshauptstadt häufige Schwänzen der Schüler zu entwickeln. Die Komik des Wortes ergibt sich unter anderem aus dem stilistischen Kontrast, dem formalen ‚Beauftragten‘ im Gegensatz zum subversiven ‚Schwänzen‘.“

Platz drei für „präfrustiert“

Auf Platz drei liegt „präfrustriert“ - das sei semantisch paradox und drücke aus, „dass man in Hinblick auf das Ergebnis eines künftigen Ereignisses bereits im Voraus frustriert ist, weil man annimmt, dass es negativ ausgeht. Solches geschah aus Sicht der Wiener Jungsozialisten in Hinblick auf den jüngsten sozialdemokratischen Parteitag, der sie ‚präfrustrierte‘, weil sie sich davon letztlich nichts erwarteten“, so Muhr.

Unwort des Jahres: „Unschuldsvermuteter“

Das Unwort des Jahres, „Unschuldsvermuteter“, spiele auf Medienberichte an, die aufgrund zahlreicher Korruptionsfälle stets andeuten, dass sich das jeweilige Medium von den Anschuldigungen distanziere. Die Phrase wurde zuerst zu einem Adjektiv verkürzt und dann in ein Nomen umgewandelt, das in kürzestmöglicher Weise den negativen Sachverhalt der juristischen Schuld andeute. Damit bewirke es einerseits eine Vorverurteilung, verschleiere diesen Umstand jedoch zugleich, weil ja ausgedrückt werde, dass es sich um einen Unschuldigen handle.

Platz zwei: „Pleitegriechen“

Bei der Wahl zum Unwort des Jahres kam das Negativwort „Pleitegriechen“ auf Platz zwei - damit werde eine Pauschalverurteilung aller Griechen ausgedrückt. Es beziehe sich jedoch nicht auf die Verursacher der Krise, nämlich die Banken, sondern auf die gesamte griechische Bevölkerung, der unterstellt werde, dass sie arbeitsscheu und bankrott wäre, was in doppelter Weise falsch und herabwürdigend sei.

Platz drei: „Anfütterungsverbot“

Platz drei geht an „Anfütterungsverbot“, das „in der Sache positiv ist, da damit das Verbot der passiven und allmählichen Bestechung von Amtsträgern bezeichnet wird“, so Muhr. Sprachlich handle es sich um einen Euphemismus, weil die Bestechung als „Anfütterung“ verschleiert und dadurch verharmlost werde; normalerweise würden Tiere „angefüttert“, so dass nicht klar werde, was mit diesem Ausdruck tatsächlich gemeint sei.

Jugendwort: „Leider geil“ oder doch „urkeksi“?

Österreichisches Jugendwort des Jahres 2012, „leider geil“, eigentlich ein Ausdruck, sei der Titel eines populären und humorvollen Songs der Gruppe Deichkind. Die Formulierung stehe in einer Reihe ähnlicher jugendsprachlicher Ausdrücke wie cool, geil usw., wobei der Ausdruck eine zusätzliche Qualität durch den ausgedrückten Gegensatz negativ-positiv bekomme. Damit folge er dem Muster von Ausdrücken wie „schön schiach“ und auch „schön anstrengend“.

Der „Zehentanga“, der auf Platz zwei landete, bezeichne auf originelle und sehr bildliche Weise Flip-Flops. Er spiele auf die schmalen Riemen an, die den Fuß halten und eine große Ähnlichkeit mit den dünnen Streifen der knappen Tanga-Badeanzüge haben.

„Urkeksi“ auf Rang drei bedeutet „super“, „toll“, „spitze“ und bestehe aus dem positiv wertenden „keksi“, das eine Verkleinerungsform des Wortes „Keks“ darstellt und der vor allem im Großraum Wien üblichen Steigerungsform „ur“ (ursuper, urarg). Wenn etwas „urkeksi“ sei, dann sei es wahrscheinlich gleichzeitig „leider geil“.

Ausspruch des Jahres von Gabriele Moser

Ausspruch des Jahres 2012 wurde ein „Sager“ der grünen Abgeordneten Gabriele Moser. „Ich trete nicht zurück, ich mache den Weg frei.“ Mit diesen Worten beendete sie ihre Tätigkeit als Vorsitzende im Korruptionsuntersuchungsausschuss.

Begründung der Juroren: „Sie hat damit auf elegante Weise ausgedrückt, dass sie ‚zurückgetreten wurde‘, und tat dies sowohl in sprachlicher als auch in sachlicher Hinsicht auf bestmögliche Weise.“ Auf Platz zwei folgte „I am going home now!“ von Extremsportler Felix Baumgartner unmittelbar vor seinem Absprung aus einem Ballon in der Stratosphäre in 39 Kilometer Höhe.

Zu den Unsprüchen des Jahres wurden „Das ist mir nicht erinnerlich“ (war in den Sitzungen des Korruptionsuntersuchungsausschusses des Parlaments unzählige Male von ehemaligen oder aktiven Politikern, Lobbyisten und Konzernvorständen zu hören) sowie „Ich bin kein Politiker“ von Frank Stronach: Es sei ein „klassischer Unspruch, da er in der Sache nicht den Tatsachen entspricht und die Intentionen seines Urhebers verhüllt“.

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