Vergewaltigungen in Heim: Weitere Details bekannt

Im Fall der Vergewaltigungen in einem Grazer Jugendheim sind weitere Details bekannt geworden. Eine Mutter soll das Jugendamt schon vor Jahren auf einen Missbrauch hingewiesen haben. Es gibt auch Hinweise, dass Erzieher die mutmaßlichen Täter bei Übergriffen ertappt haben sollen.

Von Februar 2010 bis heuer im Februar sollen vier Mädchen von vier Burschen im Alter von 14, 16 und 17 Jahren immer wieder sexuell missbraucht und geschlagen worden sein. Drei mutmaßliche Täter sind in Haft – mehr dazu in Mädchen in Grazer Heim jahrelang missbraucht.

Erste Hinweise bereits vor Jahren

Der Hinweis auf sexuelle Gewalt, der im vergangenen Herbst von einem Mädchen kam, war nicht der erste in der Grazer Einrichtung. Schon vor Jahren gab es einen Hinweis einer Mutter. Es geht um einen heute 17 Jahre alten Hauptbeschuldigten. Er gab gegenüber der Polizei unter anderem sexuellen Missbrauch an seiner drei Jahre alten Schwester und an seiner zehn Jahre alten Schwester zu. Das Jugendamt bestätigt, dass die Mutter einen solchen Missbrauchsverdacht gegenüber den Betreuern schon geäußert habe, als der Bursche in die Wohngemeinschaft aufgenommen wurde. Er sei damals aber unter 14 gewesen, also nicht strafmündig, sagt Jugendamtssprecherin Vasiliki Argyropoulos, man habe ihn also nicht anzeigen können.

Später sollen Erzieherinnen die Burschen zweimal beinahe bei Vergewaltigungen ertappt haben. Ein Erzieher soll etwa gesehen haben, wie ein Bursche – allerdings angezogen - auf einem Mädchen lag.

Pörsch: „Potenzielle Gefährdung“

Warum dieser Bursche gemeinsam mit jüngeren Mädchen untergebracht wurde, das fragt sich auch die Kinder- und Jugendanwältin des Landes Steiermark, Brigitte Pörsch: "Wenn es so einen Verdacht gibt, wenn ich weiß, dass das eine potenzielle Gefährdung ist, kann ich nicht sagen, das nehme ich in Kauf.“

„Täter werden nicht so geboren“

In allen Institutionen könne es zu solchen Situationen kommen, da es um Machtverhältnisse gehe: „Es geht um Macht und Geschichten von Jugendlichen oder Kindern, die andere schwächere Kinder und Jugendliche missbrauchen oder Gewalt ausüben oder sie demütigen“, so Pörsch.

Den Vorschlag der ÖVP, pubertierende Burschen und Mädchen getrennt unterzubringen, kritisiert die Jugendanwältin: „Im Grunde wäre das eine Generalverurteilung von pubertierenden Burschen. Hier geht es aber um Grenzen, und es geht darum zu schauen, was sind die Vorgeschichten der Jugendlichen und wie können sie gut und geeignet versorgt und untergebracht werden. Jugendliche werden nicht einfach Täter, weil sie so geboren werden, sondern es gibt Faktoren und Erfahrungen, die das nicht entschuldigen, aber die dazu führen können.“

Betreuer sollen einvernommen werden

Im Grazer Jugendheim sollen Erzieherinnen die Burschen zwei Mal beinahe bei Vergewaltigungen ertappt haben. Ein Erzieher soll gesehen haben, wie ein Bursche angezogen auf einem Mädchen lag. Polizei und Staatsanwaltschaft planen auch die Einvernahme der Betreuer, allerdings haben die - wie alle Jugendamtsmitarbeiter - ein Aussageverweigerungsrecht. Es soll das Vertrauensverhältnis zwischen Sozialarbeitern und Klienten sichern. Auch die Beschlagnahmung von Jugendamtsakten ist nach derzeitiger Gesetzeslage dadurch rechtlich beinahe unmöglich.

Am Montag meldete sich die Mutter eines Opfers zu Wort. Niemand habe etwas bemerkt, auch die Eltern nicht - mehr dazu in Debatte über Konsequenzen nach Missbrauch in Heim.