Prozess gegen Polizisten wird neu aufgerollt

Der Prozess gegen einen Polizisten in Graz wegen des Vorwurfs der Freiheitsentziehung wird wohl neu aufgerollt. Er soll einen Tierschützer bei einer Treibjagd leicht verletzt haben. Zunächst war der Prozess vertagt worden, jetzt soll ein Schöffengericht entscheiden.

Der Prozess endete am Montag mit einem sogenannten Unzuständigkeitsurteil, da der Fall nach Meinung der Richterin vor ein Schöffengericht gehöre. Es liege nämlich möglicherweise das Delikt des Amtsmissbrauchs vor, welches vor einem Schöffengericht verhandelt werden muss. Damit ist der Prozess vorläufig beendet.

Staatsanwaltschaft am Zug

Jetzt liegt es bei der Staatsanwaltschaft, ob ein neuer Strafantrag eingebracht wird. Außerdem könnte Einspruch gegen das Unzuständigkeitsurteil erhoben werden, dann müsste das Oberlandesgericht darüber entscheiden.

Der Tierschützer wollte die Treibjagd im November 2011 mit einer Kamera dokumentieren; dabei kam es zu einer Auseinandersetzung - mehr dazu auch in Tierschützer bei Treibjagd festgenommen (4.11.2011): Der angeklagte Polizist soll den Tierschützer von hinten attackiert und zu Boden geworfen haben; dazu gibt es auch einen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats (UVS) - mehr dazu auch in UVS: Tierschützer wollen Polizei klagen (5.5.2012).

Video zeigt keinen Angriff des Tierschützers

Der betroffene Polizist hatte schon bei seiner Einvernahme angegeben, von dem Tierschützer angegriffen worden zu sein; er habe eine Faustschlag erhalten, dann sei es zu einem Gerangel gekommen, in Zuge dessen er dann den Tierschützer am Boden fixiert habe.

Polizist fixiert Tierschützer

ORF

Doch das von den Tierschützern gedrehte Video legt nahe, dass der Polizist den Tierschützer von sich aus angegriffen, zu Boden gestoßen und dort laut Anklageschrift 20 Minuten lang gewaltsam fixiert habe.

Freiheitsentziehung, Körperverletzung, Verleumdung

Die Staatsanwaltschaft Graz leitete aufgrund der Beweislage ein Verfahren gegen den beschuldigten Polizisten ein; ihm wurde Freiheitsentziehung und Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung angelastet, zudem Verleumdung, weil er behauptet hatte, der Tierschützer habe ihn attackiert.

Polizist fühlt sich nicht schuldig

Beim Prozess am Montag bestritt der angeklagte Beamte abermals, seinen Kontrahenten geschlagen zu haben, außerdem sei er nicht auf ihm gesessen, sondern nur über ihm gekniet. „Er ist seit 20 Jahren auf einem kleinen Posten am Land und war mit so einer Situation noch nie konfrontiert“, meinte der Verteidiger des Beschuldigten. Die Staatsanwältin sprach hingegen von einer „bagatellhaften Alltagssituation, die völlig aus dem Ruder gelaufen ist“.

Das gedrehte Video erboste den Angeklagten zusätzlich: „Das ist im Internet breit getreten worden, ich werde als prügelnder Polizist dargestellt.“ Laut den Tierschützern habe der beschuldigte Polizist auch versucht, das Video von der Homepage des Vereins gegen Tierfabriken mittels Zivilklage entfernen zu lassen - allerdings ohne Erfolg.

Der Polizist fühlt sich jedenfalls nicht schuldig, das Opfer hätte nächsten Montag angehört werden sollen. Da der Prozess aber wohl neu aufgerollt werden wird, kommt es zu dieser Befragung vorläufig nicht.