Missbrauch: Stadt Graz gibt Jugend-WGs auf

Nach einem neuerlichen Missbrauchsfall in einer Grazer Jugend-WG zieht die Stadt nun die Konsequenzen und sich als Betreiber solcher Einrichtungen zurück. Die Jugendlichen sollen künftig von privaten Trägern betreut werden.

Schon im Vorjahr war die Stadt Graz mit Missbrauchsfällen in einer ihrer Jugendwohngemeinschaften konfrontiert: Drei Burschen - sie sind mittlerweile teils rechtskräftig verurteilt - missbrauchten vier Mädchen über Monate hinweg immer wieder sexuell - mehr dazu in Missbrauch in Jugend-WG: Urteile gefällt (19.9.2013).

Die Stadt zog damals erste Konsequenzen: Die WG wird mittlerweile von einem privaten Betreiber geführt - mehr dazu in Konsequenzen nach Missbrauch in Jugend-WG (23.10.2013); man machte die Zimmertüren versperrbar und ließ die städtische Jugendbetreuung generell evaluieren, sagt Vasiliki Argyropoulos vom Jugendamt.

Ausstieg war ohnehin geplant

Zudem habe man aber ohnehin vorgehabt, die Jugend-Wohngemeinschaften aufzugeben und an Private auszulagern: „Der Ausstieg der Stadt aus der Betreuung ist etwas, worüber wir schon länger nachdenken, und die jüngsten Vorfälle haben unser Nachdenken ein bisschen beschleunigt“, so Argyropoulos.

Jene 20 Jugendlichen, die derzeit in den drei Wohngemeinschaften der Stadt untergebracht sind, werden künftig von einem anderen Träger betreut; dabei müsse man aber sehr behutsam vorgehen - die Mädchen und Burschen seien ohnehin schon in einer schwierigen Situation.

„Nicht das Kerngeschäft der Stadt“

Eine mögliche schiefe Optik, dass die Stadt ausgerechnet jetzt - nach einem neuerlichen Vorfall - aussteigt, weist man im Jugendamt zurück: „Dass die Stadt Träger von Einrichtungen ist, ist tatsächlich nicht ihr Kerngeschäft. Andere große Träger von Einrichtungen haben das als Kerngeschäft, ich nenne als Beispiel die SOS-Kinderdörfer. Was gesagt werden kann, ist, dass ein privater Betreiber möglicherweise flexibler reagieren kann, als es die Stadt im Moment könnte.“

„Übergriffe überall möglich“

Aber, so Vasiliki Argyropoulos, weiter: „Übergriffe, wie sie bei uns in den städtischen Einrichtungen passiert sind, können überall passieren, noch so gute Maßnahmen, noch so gute Kontrolle, verhindern einzelne Übergriffe nicht.“

Kritik an den Plänen kommt von der KPÖ: Ausgliederung oder Privatisierung löse das Problem nicht, so KPÖ-Familiensprecherin Christine Braunersreuther. Private Trägervereine seien immer der Gefahr der Budgetkürzungen vonseiten des Landes, und gerade der Bereich der Jugendwohlfahrt sei immer wieder unter die Räder der Kürzungen gekommen. Als Sofortmaßnahme sei die Trennung von Buben und Mädchen in den Einrichtungen sinnvoller, heißt es.

Der 14 Jahre alte Bursche, der sich in der Vorwoche in einer städtischen WG an einem Mädchen vergangen haben soll, befindet sich in Untersuchungshaft; das Mädchen und seine Schwester würden in enger Kooperation mit den Eltern gut betreut, so das Jugendamt - mehr dazu in Missbrauchsverdacht in Grazer Jugend-WG.