AK: Urteil zu Krankenstand „skandalös“
Laut dem Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) müssten E-Mails und Telefonanrufe beantwortet werden; die Verpflichtung des Arbeitnehmers gehe demnach so weit, dass Mitarbeiter für eine Besprechung in die Firma zitiert werden dürfen. Einzige Einschränkung: Die Genesung darf nicht beeinträchtigt werden - mehr dazu in OGH: Angestellte müssen im Krankenstand erreichbar sein (news.ORF.at).
Tor für „Schikanen“ geöffnet
Für Wolfgang Nagelschmied von der Arbeiterkammer Steiermark ist dieses Urteil der Höchstrichter „skandalös“: Er befürchtet, dass es den Weg für Schikanierung der Arbeitnehmer durch ihre Arbeitgeber ebnet. „Da wurde jetzt mit dieser Entscheidung ein Tor aufgemacht, dass Arbeitgeber durchaus Arbeitnehmer im Krankenstand derart schikanieren können, dass sie sagen: Den lasse ich so oft vorstellig werden, bis er selber das Handtuch schmeißt“, so Nagelschmied.
Fristlose Entlassung möglich?
Für ihn geht durch dieses OGH-Urteil nicht nur der Privatsphärenschutz völlig verloren: Es könne auch dazu führen, dass Arbeitnehmer - wenn sie etwa im Krankenstand das Handy ausschalten oder keine E-Mails abrufen - sogar den Verlust des Arbeitsplatzes riskieren.
Als Berater müsse er einem Arbeitnehmer „jetzt praktisch aus advokatorischer Vorsicht sagen: Ja, im Zweifel bleib’ bitte für deinen Arbeitgeber im Krankenstand wie auch immer erreichbar, da du ansonsten eine fristlose Entlassung riskierst“, erklärte Nagelschmied. Im schlimmsten Fall könnten Arbeitnehmer dadurch sogar die - teure - Abfertigung alt verlieren, sagt Nagelschmied; das sei „ein Schlag ins Gesicht der Arbeitnehmerrechte.“
Muss man bald auch im Urlaub erreichbar sein?
Laut Nagelschmied könnte das OGH-Urteil auch dazu führen, dass Arbeitnehmer in Zukunft auch im Urlaub bzw. nach Dienstschluss erreichbar sein müssen; dabei begannen große Konzerne erst kürzlich damit, von sich aus die „ständige“ Erreichbarkeit einzuschränken - mehr dazu in Deutsche BMW-Mitarbeiter haben Recht auf Unerreichbarkeit (news.ORF.at).