Reaktionen auf Muslimbrüder-Gerüchte

Die ägyptischen Muslimbrüder wollen laut einem britischen Medienbericht einen Teil ihres Hauptquartiers nach Graz verlegen. Die steirische Polizei erklärte, es bestehe derzeit kein Handlungsbedarf. Die ägyptische Gemeinde beruhigt.

Laut einem Bericht der britischen „Daily Mail“ soll sich die ägyptische Muslimbruderschaft dazu entschlossen haben, ihr internationales Büro nach Graz zu verlegen - das berichtete die Zeitung am Samstag unter Berufung auf ungenannte Informanten. Laut einem anderen Bericht der Zeitung „The Times“ unterhielt die Bruderschaft ihr Hauptquartier bisher im Londoner Stadtteil Cricklewood.

Polizei sieht aktuell keinen Handlungsbedarf

Bei der Landespolizeidirektion Steiermark sieht man derzeit noch keinen Grund, aktiv zu werden. Es gebe keine Informationen zur Richtigkeit dieser Gerüchte, so Sprecher Fritz Grundnig: „Im Moment gibt es keinen Handlungsbedarf. Wir werden, sollte sich dieses Gerücht als wahr erweisen, diese Organisation natürlich überwachen. Sollten strafbare Handlungen wahrgenommen werden, werden wir natürlich im Sinne des Gesetzes einschreiten.“

Ägyptische Gemeinde beruhigt

Während bei der Polizei betont wird, dass die Muslimbrüderschaft in Österreich und Europa keine verbotene Organisation ist, versucht auch die Ägyptische Gemeinde in Österreich zu beruhigen. Präsident Soleiman Ali kann die Aufregung überhaupt nicht nachvollziehen: „Die muslimische Bruderschaft ist eine friedliche Bewegung, denn sie ruft zu Demokratie, sozialer Gerechtigkeit und Freiheit auf. Sie haben sich nichts zu Schulden kommen lassen“.

„Friedliche Bewegung von Putschisten verboten“

Zu dem Umstand, dass die Muslimbrüder in Ägypten sehr wohl verboten ist, sagte Ali: „Man muss sich die Frage stellen, wer die Muslimbruderschaft verboten hat: Das sind die kriminellen Putschisten - kriminelle Putschisten ohne Gerichtsurteil, ohne Anklage, haben eigentlich beschlossen, eine friedliche Bewegung zu verbieten“.

Dass Graz als möglicher neuer Büro-Standort ins Auge gefasst wird, ist für Ali keine Überraschung: Die Muslimbruderschaft habe gute Beziehungen nach Graz, der Berater des ehemaligen ägyptischen Präsidenten stamme von hier. Außerdem wäre die Muslimbruderschaft wirtschaftlich gesehen eine Bereicherung für Graz, so Ali.

Gruppierung wird auf Terrorverbindungen überprüft

Die Muslimbruderschaft ist einer der einflussreichsten sunnitisch-islamistischen Bewegungen im Nahen Osten. Gegründet wurde sie 1928. Vor der Revolution in Ägypten im Vorjahr und der darauffolgenden einjährigen Präsidentschaft Mohammed Mursis stuften einige internationale Beobachter die Organisation als vergleichsweise moderate Gruppe ein, doch nach dem Umsturz in Ägypten wurde sie dort verboten und als Terrororganisation eingestuft.

Die britische Regierung soll jetzt mögliche Terrorverbindungen ins Visier nehmen: Großbritanniens Premier David Cameron kündigte laut „Times“ Anfang April an, die Aktivitäten und Verbindungen der Gruppe zu Terroranschlägen prüfen zu lassen.

Mehrere Muslimbrüder sollen in Graz wohnen

Deshalb plant die Bruderschaft nun laut „Daily Mail“, ihr internationales Büro von London in die steirische Landeshauptstadt zu verlegen. Laut einem Bericht des ägyptischen Nachrichtenportals Youm7 werden aber auch in drei weiteren Ländern Europas Büros eröffnet.

Warum die Wahl ausgerechnet auf Graz gefallen sein soll, ist unklar: Das Blog Global Muslim Brotherhood Daily Watch führt allerdings an, dass mehrere Anführer der Muslimbrüder - darunter sogar ein enger Vertrauter Mursis - in der Vergangenheit in Graz gelebt haben sollen.

SPÖ: „Nicht willkommen“

In Vertretung von Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) gab Bürgermeisterstellvertreterin Martina Schröck (SPÖ) bekannt, die Stadt Graz werde hinsichtlich der angeblichen Planung, die Muslimbrüderschaft werde ihr Büro von London nach Graz verlegen, „alle rechtlichen und demokratischen Möglichkeiten ausschöpfen, um demokratiefeindliche Tendenzen und Aktivitäten entsprechend unseres rechtsstaatlichen Prinzips zu verhindern und gegebenenfalls zu ahnden“. „Wer gegen demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien agiert, ist nicht willkommen“, so Schröck.

ÖVP: „Schlag abwenden“

Kritik kam aus der ÖVP. Es gehe um ein friedliches Miteinander der Religionsgemeinschaften in Graz, so Bernd Schönegger, Geschäftsführer der Grazer Volkspartei. „Die kolportierte Umsiedelung des Hauptquartiers der Muslimbrüder von London nach Graz würde einen Schlag ins Gesicht dieser Grazer Bemühungen darstellen. Aus unserer Sicht sind alle politischen und rechtsstaatlichen Möglichkeiten in Zusammenarbeit aller politischen und rechtlichen Entscheidungsträger auszuschöpfen, um diesen „Schlag ins Gesicht des Grazer Miteinander“ abzuwenden“, so Schönegger. „Mir ist es sehr wichtig, dass ein gutes Zusammenleben auch weiterhin in unserer Stadt möglich ist“, so Integrationsstadtrat Kurt Hohensinner (ÖVP) , der davon ausgeht, dass der Landesverfassungsschutz alle Vorgänge und mögliche Ansiedlungen „mit unseren Gesetzen im Blick“ hat. „Der Landessverfassungsschutz wurde von uns ersucht, einen schriftlichen Bericht zu übermitteln“, so Hohensinner.

„Mit allen Mitteln verhindern“

„Eine Vereinigung, die eine Aufklärung von Terroranschlägen ablehnt, kann in keiner europäischen Stadt willkommen sein, auch nicht in Graz“, winkte auch der Klubobmann der FPÖ im Landtag, Georg Mayer, ab. Mayer und sein Grazer Kollege Armin Sippel verwiesen darauf, dass Graz sehr wohl schon öfters Schauplatz radikal-islamischer Aktivitäten gewesen sei. Radikale Salafisten hätten Werbematerial verteilt, am Hauptplatz sei die Jihad-Fahne geschwenkt worden und ein Islam-Lehrer habe seine Schüler für eine Pro-Mohammed-Mursi-Demonstration missbraucht.

Für das Team Stronach seien Regierung und Behörden gefordert, mit allen Mitteln zu verhindern, dass sich Organisationen mit terroristischem Hintergrund in Graz niederlassen.

Die Initiative liberaler Muslime Österreich (ILMÖ) forderte in einer Aussendung das sofortige Verbot der Muslimbrüder in Österreich, die in Österreich seit Jahren ein Netz aufgebaut und viele Moschee-Vereine unterwandert hätten.

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