„Schwarzfahrticket“-Prozess: Schuld- und Freisprüche

Der Prozess rund um 23 ehemalige Kontrolleure der Grazer Linien hat am Mittwoch mit Schuld- und Freisprüchen geendet: Der Hauptangeklagte sowie eine weitere Angeklagte erhielten vier Monate bedingte Haft, vier weitere Beschuldigte Diversionen, 17 Angeklagte wurden freigesprochen.

Die ehemaligen Kontrolleure - damals im Auftrag der Holding Graz tätig - sollen von Anfang 2009 bis September 2011 einen Schaden von mehr als 100.000 Euro verursacht haben. Laut Staatsanwältin ließen sie Verwandte und Bekannte gratis mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren - dazu sei auf einem abgelaufenen Fahrschein einfach die Dienstnummer eines Kontrolleurs als Zeichen für die Kollegen notiert worden. Diese hätten dann die 60 Euro Strafe nicht eingehoben - mehr dazu in Fahrscheinmanipulation: „Schwarzkappler“ vor Gericht (7.5.2014).

Nur ein Teil der Angeklagten bekannte sich schuldig

Nur ein Teil der zehn Männer und 13 Frauen, die sich seit Anfang Mai wegen Untreue vor einem Schöffengericht verantworten müssen, bekannte sich schuldig; auch der Hauptangeklagte, ein 54 Jahre alter Betriebsrat, bekannte sich im Verfahren nicht schuldig, laut Anklage soll er sich das System aber ausgedacht haben.

Im Laufe des Verfahrens wurden auch die Vorstände der Holding Graz befragt: Laut Barbara Muhr, zuständig für die Graz Linien, habe man sofort nach Auffliegen der Malversationen die Innenrevision eingeschaltet und mit der Sicherheitsfirma, die die Kontrolleure gestellt hatte, vereinbart, dass sukzessive alle Mitarbeiter ausgetauscht werden. Der dabei entstandene Schaden wurde mit 110.000 Euro beziffert; der Holding Graz wurde seitens des Sicherheitsunternehmens eine Schadenswiedergutmachung von 500.000 Euro bezahlt.

Staatsanwältin: „In sich geschlossenes System“

In ihrem Schlussplädoyer am Mittwoch sah die Staatsanwältin den Vorhalt der Anklage als bewiesen an: „Die Beschuldigten haben entgegen ihrer Pflicht keine Schwarzfahrgebühren eingehoben.“ Sie stellte fest, „es gab das System der gekennzeichneten Fahrscheine“, das vom 54-jährigen Betriebsrat eingeführt worden sei; da es sich um ein „in sich geschlossenes System“ handelte, hätten vor Gericht nur wenige die Courage gehabt, vor ihren ehemaligen Kollegen den Fehler zuzugeben.

Während die Staatsanwältin eine Schuldspruch für die Angeklagten beantragte, musste sie aber bei der berechneten Schadenshöhe eingestehen: „Die kann so nicht aufrechterhalten werden.“ Die Berechnung hätte sich nach den Angaben bei den Polizeivernehmungen gerichtet und waren von den Angeklagten vor Gericht relativiert worden.

Verteidiger: „Milchmädchenrechnung“

Die insgesamt zehn Verteidiger stießen sich im Laufe des Prozesses aber vor allem an der Schadenshöhe und sprachen von einer „Milchmädchenrechnung“; wie schon in ihren Eröffnungsplädoyers ließen sie auch zum Abschluss des Verfahrens kein gutes Haar an der Anklage: „Da ist nichts dran, der Schaden ist gut gemacht. Täter sind damit nicht zu bestrafen“, meinte einer, während der andere von „fehler- und mangelhafter Ermittlungsarbeit“ sprach.

Das Sicherheitsunternehmen habe seine Mitarbeiter „ausgeliefert“, um den „lukrativen Vertrag“ mit der Holding Graz aufrecht zu erhalten, meinte wieder ein anderer; alle Mitarbeiter sollten ausgetauscht werden, was ein anderer Verteidiger als „Pauschalverdacht“ bezeichnete.

Urteile nicht rechtskräftig

Der 54-jährige Betriebsrat sowie eine weitere Angeklagte wurden schließlich zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt. Vier Beschuldigte erhielten Diversionen und müssen bis zu 1.000 Euro bezahlen. 17 Angeklagte wurden freigesprochen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.