Listerien-Prozess beginnt mit Geständnis

In Graz hat heute der Prozess um mit Listerien verseuchten Käse begonnen. Sechs Angeklagte sollen für den Tod von sieben Konsumenten verantwortlich sein. Die beiden ehemaligen Prolactal-Geschäftsführer gaben zu, dass zu spät reagiert wurde.

Vor vier Jahren starben laut Anklage sieben Personen nachweislich nach dem Genuss des von Prolactal in Hartberg produzierten Quargels. Zehn weitere überlebten, sind aber seither gesundheitlich schwer beeinträchtigt. Auch ein Opfer war beim Prozessauftakt dabei. Ein Zusammenhang zwischen seiner Erkrankung und dem Genuss des kontaminierten Käses wird aber von den Verteidigern bestritten.

Opfer im Rollstuhl, psychische Probleme

Zehn Wochen lag der damals 54 Jahre alte Oberösterreicher im Koma, nachdem er ein Brot mit von Listerien verunreinigtem Käse gegessen hatte. Sein Anwalt Alexander Klauser brachte im März 2013 eine zivilrechtliche Klage unter anderem gegen Prolactal ein und will im Strafprozess Schadenersatz für seinen Klienten: „Die strafrechtliche Verantwortlichkeit gehört geklärt, weil es hier, wie es die Aufgabe des Strafrechtes ist, um Spezialprävention, aber auch um Generalprävention geht. Es muss die Öffentlichkeit vor solchen gefährlichen Lebensmitteln geschützt werden, vor allem dann, wenn die Verantwortlichen wissen, was sie tun.“

Prozess Listerien Angeklagte Richter

APA/Erwin Scheriau

Der Anwalt fordert Schadenersatz für die lebenslangen Schmerzen und Dauerfolgen, die sein Mandant haben wird: „Er hat seine Mobilität weitgehend verloren, sitzt im Rollstuhl. Er kann nicht mehr ohne fremde Hilfe ein eigenverantwortliches Leben führen. Er hat Sehstörungen, Sprachstörungen, damit einhergehend psychische Probleme.“

Staatsanwalt: „Quargel eindeutig Todesursache“

Auf der Anklagebank nahmen am Dienstag die beiden ehemaligen Prolactal-Geschäftsführer, die Leiterin der Qualitätsproduktion, der Molkereimeister und ein externer Prüfer Platz. Der Staatsanwalt wirft ihnen fahrlässige Gemeingefährdung vor. Die Produkte seien weiter in Umlauf gebracht worden, obwohl die Angeklagten gewusst hätten, dass sie mit Listerien verseucht waren. Man habe nicht die richtigen Schlüsse aus der ersten Probe gezogen und eine Rückholaktion unterlassen. Es gebe auch keine Hinweise wie von der Verteidigung vorgebracht, dass die Betroffenen den Käse falsch gebraucht hätten, also beispielweise das Mindesthaltbarkeitsdatum übersehen hätten. Laut Gutachten ist der Quargel eindeutig die Ursache für die Todesfälle und Erkrankungen.

Quargel Listerien

APA/Georg Hochmuth

Die Verhandlung wird mehrere Tage dauern

Geständnis: Rückrufaktion zu spät

Beim am Dienstag anwesenden Opfer erkennt Prolactal einen Zusammenhang nicht an. Laut Staatsanwalt ergriff Prolactal viele Maßnahmen, um dahinterzukommen, wie die Listerienkeime in den Käse kamen. Bis heute wisse man es nicht genau. Aber man habe viel zu spät reagiert. Prolactal habe den Kopf sicher nicht in den Sand gesteckt, sagte der Verteidiger des Unternehmens. Die beiden Geschäftsführer übernahmen beim Prozessauftakt dennoch teilweise Verantwortung: Sie sind geständig, dass die Rückrufaktion und die Betriebsschließung früher erfolgen hätten müssen.

Externer Prüfer fühlt sich nicht schuldig

Der Verteidiger des Leiters des externen Prüflabors erklärte, dass sein Mandant alle Testergebnisse an die verantwortlichen Stellen des Unternehmens kommuniziert habe und er auch deswegen nicht schuldig zu sprechen sei. Der 47-jährige Angeklagte war auch der Erste, der vor dem Richter zu Wort kam. Er schilderte die Zusammenarbeit mit Prolactal auf Basis eines Forschungsprojekts, im Zuge dessen ein umfangreicher Probenahmeplan erstellt worden sei. Ergebnisse daraus seien stets an den Betrieb weitergegeben worden.

18 Menschen Opfer des Listerien-Quargels

18 Menschen erkrankten vor vier Jahren in Österreich und Deutschland an Listeriose, nachdem sie Käse aus dem Hartberger Werk der Firma Prolactal gegessen hatten. Acht von ihnen starben, wobei nur in sieben Fällen Listeriose tatsächlich nachgewiesen werden konnte. Die anderen zehn Konsumenten überlebten, einige von ihnen leiden aber bis heute an schweren Beeinträchtigungen - mehr dazu in Chronologie des Listerien-Skandals (23.8.2013). Die Anklage wurde vor einem Jahr fertig, sie lautet kurz zusammengefasst auf fahrlässige Gemeingefährdung mit Todesfolge - mehr dazu in Prolactal: Leitende Angestellte und Laborchef angeklagt (16.9.2013).

Weiteres Verfahren eingestellt

Das Verfahren gegen die weiteren Beschuldigten - darunter Verantwortliche des Gesundheitsministeriums, der zuständige Mitarbeiter der Lebensmittelaufsicht sowie der Landessanitätsdirektor für Steiermark - wurde aufgrund von Sachverständigengutachten eingestellt.