Fußballwettskandal: Erster Prozesstag in Graz

In Graz hat am Freitag der Prozess um Österreichs größten Fußballwettskandal begonnen. Zehn Angeklagte, darunter die Ex-Profis Kuljic und Taboga, müssen sich für Manipulation von 18 Spielen verantworten. Schon der Auftakt war spannend.

Aufgeflogen ist der Skandal im November des Vorjahres. Der damalige Grödig-Spieler Dominique Taboga zeigte damals bei der Polizei an, dass er von Ex-Teamspieler Sanel Kuljic und zwei weiteren Männern erpresst werde. Daraufhin wurde das Trio festgenommen; im Zuge der Ermittlungen wurde dann der Fußball-Wettskandal aufgedeckt.

Richterin Elisabeth Juschitz hat zunächst zehn Verhandlungstage ausgeschrieben.

Großes Medieninteresse

Nun wird verhandelt. Der Prozess rund um den bisher größten Fußball-Wettskandal Österreichs hat am Freitag mit großem Medieninteresse planmäßig im Grazer Straflandesgericht begonnen. Der Prozess ist auf mehrere Tage anberaumt - mehr dazu in Fußballwettskandal: Prozessfahrplan veröffentlicht.

Schwerer gewerbsmäßiger Betrug und Nötigung

Vor Gericht stehen die Fußballer Dominique Taboga, Sanel Kuljic und Thomas Zündel sowie sieben weitere Beschuldigte. Es geht dabei um Wettbetrug und Spielmanipulationen. Den zehn Beschuldigten wird unter anderem schwerer gewerbsmäßiger Betrug, schwere Erpressung, Nötigung oder auch Bilden einer kriminellen Vereinigung - zum Teil auch als Versuch - angelastet.

Dominique Taboga im Gerichtssaal

ORF

Geduld gefragt

Pünktlich um 9.00 Uhr waren zumindest jene Angeklagten im Saal, die nicht in Haft sind. Die Fotografen scharten sich zunächst vor allem um die Profi-Spieler Dominique Taboga und Thomas Zündel. Als Sanel Kuljic mit den restlichen Beschuldigten vorgeführt wurde, war er im Mittelpunkt des Interesses, was er gelassen hinnahm.

Dann begann Richterin Elisabeth Juschitz mit der Überprüfung der Personalien, was mehr als zwei Stunden in Anspruch nahm.

18 Spiele manipuliert

Für den ersten Prozesstag sind nur die Eröffnungsvorträge der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung geplant. Laut Anklage haben die Männer zwischen November 2004 und Oktober 2013 insgesamt 18 Spiele der österreichischen Bundesliga und Ersten Liga manipuliert - mehr dazu in Anklagen im Fußballwettskandal. Bei einigen Spielen blieb es wohl nur beim Versuch, weil die vereinbarten Ergebnisse, auf die gewettet wurde, nicht eintraten.

Einsätze zwischen 3.000 und 300.000 Euro

Der Ablauf war immer derselbe: Einige Tage vor den jeweiligen Spielen haben sich die Angeklagten in unterschiedlichen Zusammensetzungen getroffen, um konkrete Manipulationsabsprachen zu treffen. Dabei vereinbarte man, auf welches Ergebnis gewettet wird und besprach die Höhe der Bestechungsgelder und die Wetteinsätze. Gewettet wurde dann meistens bei Onlinewettanbietern in Asien. Dabei wurden pro Spiel Beträge zwischen 3.000 und 300.000 Euro gesetzt.

Bestechungsgeld von bis zu 25.000 Euro

Die Angeklagten haben laut Anklage vorgetäuscht, „ordnungsgemäß und regelkonform mit vollem Einsatz zu spielen, wobei sie jedoch tatsächlich bewusst versuchten, so unauffällig wie möglich eine entsprechende - meist schwache - Leistung zu erbringen, um konkret auf das zuvor vereinbarte Spielergebnis hinzuwirken.“ Dabei gab es laut Anklage Bestechungsgelder von 7.000 bis 25.000 Euro pro Mann und Spiel.

Erfolg und dementsprechend große Gewinne hatte die laut Anklage „kriminelle Vereinigung“ nur in sechs Fällen; in den übrigen scheiterten die Manipulationsversuche, weil entweder das gewettete Ergebnis nicht eintraf, oder die an den Manipulationen beteiligten Spieler von ihren Trainern nicht eingesetzt wurden.

Dominique Taboga mit Anwalt Thomas Moser

APA/ Hans Punz

Taboga gab Manipulationen zu

Weil bei den Wetten aber auch große Verluste entstanden, wurden die Auftraggeber zunehmend nervös und Dominique Taboga, der als Spieler an den meisten Manipulationen mitgewirkt hat, wurde bedroht und erpresst. Taboga ist der einzige Angeklagte, der im Vorverfahren seine Beteiligung an 14 Manipulationen zugegeben hat. Kuljic werden zehn Manipulationen zur Last gelegt werden, er gibt jedoch nur vier davon zu. Die übrigen Angeklagten bestreiten alle Vorwürfe.

Personalien zum Auftakt

Gleich zum Auftakt des Prozesses am Freitag kam es bei der Klärung der Personalien beim ersten Beschuldigten, einem gebürtigen Tschetschenen, zu Missverständnissen. „Verheiratet?“, fragte die Richterin routinemäßig. „Nicht offiziell“, antwortete der Befragte. „Ich hätte nicht gedacht, dass das jetzt schon losgeht, dass ich nichts verstehe“, seufzte die Richterin. Es klärte sich auf, die Heirat wurde nur bei einer Religionsgemeinschaft geschlossen.

Sanel Kuljic und der Wert einer Unterschrift

Spannend wurde es dann bei Sanel Kuljic, als dessen gesamter Werdegang als Spieler mit höchst unterschiedlichen Gagen besprochen wurde. Als er seinerzeit in die Schweiz wechselte, bekam er nur für die Unterschrift 100.000 Franken, zusätzlich zu den monatlichen Zahlungen. „Ihre Unterschrift ist 100.000 Franken wert?“, fragte Richterin Juschitz nach. „Jetzt nicht mehr“, relativierte Kuljic trocken.

Dominique Taboga mit Anwalt Thomas Moser

APA/ Hans Punz

Taboga will Sportjournalist werden

Dominique Taboga, dessen Geständnis die Sache überhaupt erst aufgebracht hatte, gab an, er sei arbeitslos und mache derzeit einen Lehrgang zum Sportjournalisten. Ein Privatkonkurs läuft derzeit auch gegen ihn. Ein weiterer Spieler, Thomas Zündel, ist ebenfalls arbeitslos und arbeitet ab und zu als Kellner.

Bestochene Spieler in beiden Mannschaften

Staatsanwältin Kathrin Heidinger betonte in ihrem Eröffnungsvortrag, dass die Manipulationen bei den Fußballspielen ein „Betrug am zwölften Mann waren, denn die Zuschauer wollen ein spannendes Spiel und nicht Theater vorgesetzt bekommen.“ Vor dem Spiel war der Ausgang vereinbart worden, dann wurden Wetten platziert, und zwar vorwiegend bei asiatischen Wettanbietern. „Die Spieler mussten dann die Ergebnisse so unauffällig wie möglich herbeiführen“, so Heidinger. Manchmal seien in beiden Mannschaften bestochene Spieler gewesen, um das Ergebnis leichter herbeiführen zu können.

Sanel Kuljic (r.) und Dominique Taboga

APA/ Hans Punz

Verteidiger am Wort

Nach der Staatsanwältin waren die zehn Verteidiger mit ihren Eröffnungsvorträgen an der Reihe.Die meisten Verteidiger fassten sich einigermaßen kurz und beschränkten sich darauf zu betonen, dass ihr Mandant nur am Rande an den Vorfällen beteiligt war. Thomas Moser, Verteidiger von Dominique Taboga, betonte, dass sich die Anklage „fast durchgehend“ auf die Angaben seine Mandanten stütze. Der Ex-Bundesliga-Spieler werde sich weiterhin schuldig bekennen, so der Anwalt.

Ganz anders die Ausführungen des Verteidigers von Sanel Kuljic, der die Theorie aufstellte, sein Mandant sei in den meisten Fällen nur zur Ablenkung von Taboga beschuldigt worden. Tatsächlich schuldig fühle sich Kuljic nur in drei Fällen, als er für den SV Kapfenberg spielte.

„Unglaublicher Imageschaden“

Ein Vertreter der Bundesliga meldete sich in seiner Funktion als Privatbeteiligter zu Wort: „Das Ganze ist ein unglaublicher Imageschaden. Kinder sind in Tränen ausgebrochen, weil sie vom Sport so enttäuscht sind“, schilderte er die Dramatik des Geschehens. „Man kann damit dem Sport noch mehr ruinieren als mit Doping“, schloss der Anwalt.

Mögliches Urteil am 26. August

Die Österreichische Bundesliga sowie die hauptbetroffenen Klubs Grödig und Kapfenberg haben sich als Privatbeteiligte dem Verfahren angeschlossen. Vorerst sind zehn Verhandlungstage angesetzt. An den nächsten Prozesstagen werden die Spieler einvernommen, einige Zeugen - Firmenvertreter und Polizisten - wurden ebenfalls bereits geladen. Ein Urteil könnte es am 26. August geben.