Sonja Steßl wechselt ins Kanzleramt

Die Steirerin Sonja Steßl (SPÖ), bisher Finanzstaatssekretärin, wechselt ins Kanzleramt. Der Verzicht auf eine „Aufpasserin“ im Finanzministerium kann als SPÖ-Vertrauensbeweis für den schwarzen Neo-Minister Hans Jörg Schelling gelten.

So überraschend Sonja Steßls Aufstieg von der Jungabgeordneten zur Finanzstaatssekretärin kam, so überraschend kommt auch ihr Wechsel ins Kanzleramt.

Rotes Gegenüber bei Finanzthemen

Der Verzicht auf eine „Aufpasserin“ im Finanzministerium kann als roter Vertrauensbeweis für den schwarzen Neo-Minister Hans Jörg Schelling gelten. Sonntagnachmittag wurden beim Bundesparteivorstand der ÖVP in Linz die Weichen für den Umbau gestellt: Hansjörg Schelling wird neuer Finanzminister. Harald Mahrer neuer Staatssekretär im Wissenschafts- und Wirtschaftsressort - mehr dazu in Schelling wird neuer Finanzminister (ORF.at; 31.8.2014). Der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer zeigte sich zufrieden - mehr dazu in ÖVP-Umbau: Schützenhöfer zufrieden. Als rotes Gegenüber bei Finanzthemen wird die 33-jährige Juristin dem Minister aber erhalten bleiben.

Neustart und neue Situation

Begründet wird der Wechsel mit der neuen Situation nach dem Rücktritt von Finanzminister und ÖVP-Chef Michael Spindelegger. Die Rede ist von einem „Neustart“ und von einem Signal, dass die Steuerreform auch für Kanzler Werner Faymann ein Kernanliegen sei. Möglicher - banaler - Grund dafür: Wäre sie im Finanzressort geblieben, wäre Faymann ohne Vertretungsmöglichkeit im Parlament da gestanden.

Sonja Steßl

APA/ Helmut Fohringer

Steßl, geboren 1981 in Graz, studierte Jus in Graz. Abgeordnete zum Nationalrat seit 2009, Staatssekretärin seit Dezember 2013.

Im Ministerium seit Dezember 2013

Als Steßl im Dezember 2013 ins Finanzministerium wechselte, galt die Steirerin als eine der wenigen Zukunftshoffnungen im roten Parlamentsklub. Bereits mit 25 hatte sie einen halbwegs aussichtsreichen Listenplatz, mit 28 schaffte sie dann tatsächlich den Sprung ins Parlament - in Österreich noch immer eine Seltenheit, dass ein Twen so rasch ins Hohe Haus vorrückt. Berufserfahrung sammelte sie nebenbei bei der Joanneum Research Forschungsgesellschaft und bei der NanoTecCenter Weiz Forschungsgesellschaft.

Kein leichter Start

Im neuen Job Tritt zu fassen, fiel der Juristin allerdings nicht gerade leicht. So ließ die rote „Aufpasserin“ im Finanzressort gleich zu Beginn der Legislaturperiode eine Neuregelung der „Golden Handshakes“ durch, die auch Kündigungsentschädigungen schlechter gestellt hätte. Sehr zum Ärger der roten Gewerkschafter, die Nachbesserungen beim Abgabenänderungsgesetz erzwangen. Und bei der Steuerreform übernahmen vorerst für die SPÖ Kanzleramtsminister Josef Ostermayer und Klubchef Andreas Schieder die öffentliche Wortführerschaft.

Steuerhinterziehung und „Registrierkassenpflicht“

Gegen anfänglichen Widerstand der ÖVP durchsetzen konnte Steßl zuletzt allerdings die Verschärfung der Strafen bei Steuerhinterziehung (Stichwort: Selbstanzeige). Ob das auch mit der von ihr propagierten „Registrierkassenpflicht“ gelingt, bleibt abzuwarten.

Roter „Spiegel“

Als Dämpfer für die junge Steirerin sollte der Wechsel daher nicht verstanden werden, wird in der SPÖ beteuert. Denn Steßl soll im Kanzleramt nicht nur die Beamtenagenden übernehmen, sondern weiterhin auch als roter „Spiegel“ für den schwarzen Finanzminister agieren. Und bei Verhandlungen über die Steuerreform könnte Steßl künftig als Vertreterin des Kanzleramts stärker auftreten als dem schwarzen Minister formal weisungsgebundene Finanzstaatssekretärin.

Faymann-Vertreterin

Möglicherweise ist der ausschlaggebende Grund für den Wechsel aber auch ein recht banaler: Zur Vertretung des Bundeskanzlers im Parlament bzw. in den Ausschüssen sind nur Staatssekretäre befugt, die dem Kanzler oder dem Vizekanzler mit Ressort zugeordnet sind. Weil der Vizekanzler künftig aber im Wirtschafts- und nicht mehr im Finanzministerium sitzt, wäre Steßl als Faymann-Vertreterin künftig ausgefallen. Dieses Problem wäre mit ihrem Wechsel ins Kanzleramt nun behoben.