Über 110 Angeklagte: Gerichtssaal Messehalle

Es ist wahrhaft ein Riesenprozess: Mehr als 110 Angeklagte müssen sich am Grazer Straflandesgericht wegen des Vorwurfs der Schmiergeldzahlungen verantworten. Da kein Verhandlungssaal groß genug ist, wird nun in der Messehalle D verhandelt.

Monatelang war man auf der Suche nach einem geeigneten Verhandlungssaal gewesen - der Schwurgerichtssaal bietet nur Raum für maximal 180 Leute. Zur Disposition standen die Messe Graz, der Stefaniensaal und die Sonderräume des Flughafens Graz. Der Raum muss Platz für rund 300 Personen - Gericht, Beklagte und deren Rechtsvertretung - bieten, Sicherheitskontrollen ermöglichen und mehrere Monate verfügbar sein.

Grazer Messe

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Der „Gerichtssaal“ muss Platz für rund 300 Personen bieten

Wie aus dem Büro von Gerd Obetzhofer, Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Graz, nun bestätigt wurde, wird der Prozess ab Montag, 13. Oktober, in der Messehalle D stattfinden. Laut einer Aussendung des Gerichtssprechers und Vizepräsidenten des Landesgerichts, Helmut Krischan, wird der Prozess vermutlich bis Jahresende dauern.

Ursprünglich sogar 209 Angeklagte

Verhandelt werden soll täglich zwischen 9.00 und 18.00 Uhr gegen aktuell etwas mehr als 110 Angeklagte. Ursprünglich waren 209 Personen angeklagt - durch diversionelle Erledigung wurden aber die Verfahren gegen die anderen Angeklagten bereits beendet. Vorgeworfen wird den Beklagten Amtsmissbrauch in Zusammenhang mit der Erteilung von Gewerbeberechtigungen durch einen Beamten der Stadt Graz. Vorgesehen ist die Beiziehung von Simultandolmetschern, derzeit für acht Sprachen. Wann es zu einem Urteil kommen wird, ist nicht absehbar, geplant sei Jänner 2015, so Krischan.

Amtsmissbrauch und Schmiergeldzahlungen

Der Amtsmissbrauchsfall war 2010 bekanntgeworden und hatte die sofortige Suspendierung des damals 55-jährigen Beschuldigten zur Folge. Laut Anklage soll der Beamte zwischen März 2003 und Oktober 2010 Schmiergelder für Gewerbescheine kassiert und Gebühren unterschlagen haben. Bis zu 7.000 Euro sollen die Antragsteller dem Beamten gezahlt haben. Keiner von ihnen soll die nötigen Voraussetzungen wie etwa Dienstzeugnisse oder Meisterbriefe gehabt haben. Der Schaden: mehr als 100.000 Euro.

Keine Kosten-Nutzen-Rechnung

Die Messehalle D fungiert nun bis Ende des Jahres als Gerichtssaal - über die Kosten hüllt man sich in Schweigen. Aber bei Strafverfahren dürfe in einer Demokratie ohnehin keine Kosten-Nutzen-Rechnung erfolgen, heißt es bei Gericht - ansonsten müsse man die Staatsform wechseln.