Russland-Sanktionen: Es regiert Prinzip Hoffnung

Die EU will die Sanktionen gegenüber Russland verschärfen. Bislang profitierten zahlreiche steirische Firmen vom Russland-Geschäft, die Unsicherheit ist daher groß; nicht wenige setzen auf das Prinzip Hoffnung.

Während in der Ostukraine die Zeichen weiter auf Entspannung stehen, geht in der EU das Tauziehen um eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland weiter. Nach einer Verschiebung des Inkrafttretens zu Wochenbeginn sprach sich die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Mittwoch klar dafür aus, die Strafmaßnahmen „jetzt“ zu verhängen - mehr dazu in Merkel für EU-Sanktionen „jetzt“ (news.ORF.at).

Wichtiger Handelspartner

Nicht nur die Landwirtschaft, auch zahlreiche Wirtschaftsbetriebe fürchten nun, dass Russland seinerseits mit Blockaden und Sanktionen reagiert - wie man darauf reagieren kann, ist allerdings fraglich. Der russische Markt wurde für steirische Firmen jedenfalls in den letzten Jahren immer wichtiger: Russland ist der achtwichtigste Handelspartner für die Steiermark, österreichweit liegt Russland an zehnter Stelle.

Erste Auswirkungen schon spürbar

Wenn es auch kaum Firmen gibt, die völlig vom russischen Markt abhängig sind, so sind die ersten Auswirkungen infolge der Ukraine-Krise, durchaus schon jetzt spürbar, sagt die Russland-Expertin des Internationalisierungscenters der Wirtschaftskammer, Christina Ulrich: „Es ist einfach so, dass Verhandlungen, die schon knapp vor dem Abschluss waren, jetzt auf Eis liegen und still stehen. Ich würd’ jetzt nicht sagen, dass sie komplett verloren sind, aber man merkt, da kommt jetzt von der anderen Seite wirklich eine Mauer.“

Die Finanz- und Handelspolitik-Expertin Gerta Mlejnek von der Wirtschaftskammer Österreich ergänzt: „Die Betriebe wissen nicht, wie’s lang geht, wie sich die Sanktionsspirale weiter dreht, ob sie sich weiter dreht, und die selbe Sorge sehen wir bei den russischen Kunden.“

Rund 150 steirische Firmen sind in mehr oder weniger starkem Umfang derzeit auf dem russischen Markt aktiv - eine von ihnen ist der Maschinen- und Anlagenerzeuger Binder&Co in Gleisdorf. Russland ist einer der drei wichtigsten Absatzmärkte, sagt der Marktstratege von Binder&Co., Hans-Jürgen Strobl: „Wir sind akut jetzt noch nicht betroffen, aber natürlich spielen wir jetzt im Unternehmen Szenarien durch und bereiten uns für Eventualitäten vor.“

Schweinebauern: „Existenzbedrohend“

Stark betroffen sind auch die heimischen Schweinebauern: Der Preis sei bereits um 15 Prozent gefallen, klagt Landwirtschaftskammerpräsident Franz Titschenbacher - das sei pro Woche rund eine Million Euro für die steirischen Schweinebauern; er bezeichnet die Lage sogar als existenzbedrohend.

Dazu kommt, dass das Futter für die vielen nun übriggebliebenen Schweine knapp wird: Zum einen habe die Dürre aus den vergangenen Jahren es nicht erlaubt, große Vorräte anzulegen, zum anderen sei die Ernte des Futters aus dem heurigen Sommers durch die vielen Niederschläge noch nicht absehbar. Die Äcker und Felder seien zu nass, und der sogenannte Doppel-Schädling bedrohe Hirse, Kürbis und Gründland - allesamt Futtergrundlagen für die Schweinebauern.

Um die heimischen Schweinebauern zu entlasten, ruft Titschenbacher die Konsumenten dazu auf, zu heimischem Schweinefleisch greifen; vor allem Gastronomie und Großküchen könnten helfen, die Situation zu entschärfen.

Abwarten und Tee trinken

Der international tätige Unternehmensberater Sergey Frank setzt auf die Devise „Abwarten und nicht zu allzu schwarz sehen“ und verweist auf die Wirtschaftskrise in Russland 1998: „Diejenigen, die aus Westeuropa dort geblieben sind, die sind danach sehr stark belohnt worden.“ Auch jetzt sei Optimismus und die Hoffnung auf politische Vernunft angesagt, so Frank.