Voves zu Asyl: „Das Ende des Florianiprinzips“

Die Unterkunft für Asylwerber in Spital am Semmering erhitzt am Dienstag auch die Gemüter im Landtag. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) sagte, dass die Bundesländer in Sachen Asyl solidarisch sein und die Quote erfüllen müssen.

Am Montag gab es im obersteirischen Spital am Semmering eine Bürgerversammlung, die sich mit dem dortigen Großquartier für bis zu 200 Flüchtlinge auseinandersetzte - mehr dazu in Semmering-Asylpläne: Heftige Proteste in Spital.

„Absoluter Notstand“

Mit Ende der Woche gebe es im Bereich der Quartiere einen „absoluten Notstand“, so Mikl-Leitner - mehr dazu in Mikl-Leitner : „Neuer Tiefstand in Asyldebatte“ (oe1.ORF.at).

Mikl-Leitner: „Alternativlos“

Nach dem Ministerrat in Wien am Dienstag sagte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), sie verstehe die Sorge der Gemeinden, „aber hier muss man auch ganz klar sagen, dass es die Bundesländer und die Gemeinden selbst in der Hand gehabt hätten, für Betreuungsquartiere Sorge zu tragen. Für mich war es alternativlos, hier ein Quartier zu schaffen, es war das einzige Quartier in ganz Österreich, das auf schnellem Wege zur Verfügung war. Alternativlos deshalb, weil ich die Wahl gehabt habe, die Flüchtlinge auf der Straße stehen zu lassen oder sie letztendlich auch unterzubringen. Ich habe mich dafür entschieden, die Flüchtlinge unterzubringen, um sie vor Obdachlosigkeit zu schützen.“

Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) drängen zwar auf eine schnelle Lösung, man wolle aber auch nicht über die Köpfe der Bundesländer hinweg agieren; allerdings betonte Faymann am Dienstag die „Verpflichtung der Länder“ und sprach selbst von einem „unwürdigen Pingpongspiel“ - mehr dazu in Das Hickhack um Asyl für Flüchtlinge (news.ORF.at).

Voves fordert Solidarität

Landeshauptmann Voves sagte in der Landtagssitzung am Dienstag, es sei von Innenministerin Mikl-Leitner kein Einvernehmen mit der Landesregierung bei der Errichtung des Quartiers hergestellt worden. Voves fordert aber Solidarität ein - während des Balkan-Kriegs habe die Steiermark tausende Flüchtlinge aufgenommen: „Gerade diese gelebte Menschlichkeit, dieses Verständnis und Mitgefühl ist auch gegenüber den Kriegsflüchtlingen aus Syrien oder dem Irak wünschenswert - daher müssen die Bundesländer jetzt bei der Aufnahme von Flüchtlingen solidarisch sein. Jedes Bundesland soll und muss aus eigener Kraft versuchen, die in der Artikel 15a-Vereinbarung festgelegte Quote zu erfüllen, auch wenn der Zustrom zur Zeit aufgrund der zahlreichen Krisen- und Kriegsherde ein größerer ist.“

„Gewisses Verständnis für die Innenministerin“

Die Flüchtlinge in einer Zeltstadt unterzubringen - mehr dazu in Asylwerber in Kasernen: Zurückhaltende Reaktionen - wäre für Voves eine Schande für das Land. Das Florianiprinzip bei den Gemeinden müsse der Vergangenheit angehören - wenn Gemeinden reflexartig jede Unterbringung ablehnen, sei nicht auszuschließen, dass die Innenministerin aktiv werde und Flüchtlinge ohne Rücksicht auf regionale Gegebenheiten unterbringe: „Natürlich habe ich ein nochmaliges Herantreten der Innenministerin an die Landespolitik erwartet, bevor sie in der Steiermark eine derartige Bundeseinrichtung installiert, andererseits habe ich aber auch ein gewisses Verständnis dafür, dass die Ministerin in denjenigen Ländern, in denen die Quote nicht erfüllt wird, handelt. Jedenfalls gilt für mich, dass das Florianiprinzip in dieser Frage nicht mehr funktionieren darf.“

Am Nachmittag gab es zum Thema Asyl eine emotionale Debatte zu dem Thema in Form einer Dringliche Anfrage an den zuständigen Landesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ) - mehr dazu in Semmering-Asyl-Unterkunft Thema im Landtag.

FPÖ: Vorgehen der Innenministerin ist „Sauerei“

Initiiert wurde diese Dringliche Anfrage von der FPÖ. Eine kleine Gemeinde werde mit Fremden zugeschüttet, zitierten die Freiheitlichen Aussagen über Steinhaus am Semmering. Das Vorgehen der Innenministerin sei, so FPÖ-Klubobmann Hannes Amesbauer wörtlich, „eine Sauerei“. Wer Asyl braucht, soll es bekommen, so Amesbauer, aber: „Es ist ganz klar, dass man syrische Flüchtlinge jetzt bevorzugt, das steht außer Frage. Nur man muss, um die Wahrheit zu sagen, auch sehen, dass 80 Prozent aller Asylanträge negativ entschieden werden, das heißt, dass eigentlich nur 20 Prozent richtige Asylwerber sind, die restlichen 80 Prozent sind Wirtschaftsflüchtlinge, die sich in unsere sozialen Hängematten hängen wollen“, so Amesbauer.

Schrittwieser: Nicht vom Weltgeschehen abkoppeln

Eine Eröffnung von Quartieren ohne die Gemeinden einzubeziehen dürfe es künftig nicht geben, sagt Amesbauer. Landeshauptmannstellvertreter Siegfried Schrittwieser (SPÖ) sagte, die Steiermark könne sich von den Entwicklungen in der Welt nicht abkoppeln. In Steinhaus am Semmering seien derzeit 134 Flüchtlinge im Quartier des Bundes untergebracht, 70 in den Quartieren des Landes: „Ich appelliere auch an dieser Stelle, dass wir die Problematik besser lösen können, wenn wir in kleineren, nach den Einwohnern entsprechenden Größenordnungen von Zuweisungen die Dinge bewältigen können, als wenn wir unsere Aufgaben nicht erfüllen und die Bundesministerin noch einmal gezwungen ist, in den Bundesländern Großquartiere aufzusperren“.

Die Sensibilität sei noch nicht groß genug, so Schrittwieser sinngemäß: „Immer wenn ich Quartiere ankündige und sie werden öffentlich gibt es postwendend und in der Sekunde einen Gemeinderatsbeschluss, dass das alles nicht stattfinden darf. Ich möchte entgegen solcher Gemeinderatsbeschlüsse nicht trotzdem zuweisen, sondern ich ersuche, hier mitzutun“.

ÖVP: Moralische Verpflichtung Unterkunft zu gewähren

Der ÖVP-Abgeordnete Eduard Hamedl sagte, FPÖ-Klubobmann Amesbauer verbreite Dinge, die nicht stimmen. 50 Prozent der Asylanträge seien negativ. Er verstehe die Ängste der Bürger, aber: „Das sind Kriegsflüchtlinge die aus ihrem Gebiet, vorwiegend aus Syrien und dem Irak, flüchten müssen. Die Menschen sind wirklich traumatisiert und ich glaube wir haben die moralische Verpflichtung, diesen Menschen Unterkunft zu gewähren“.

Link: