Asyl: Derzeit keine Alternative zu Semmering

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist am Mittwoch nach Spital am Semmering gereist - wohl um die Wogen nach der Einrichtung des neuen Asylquartiers zu glätten. Die Anrainer sind dagegen, doch laut Mikl-Leitner gibt es derzeit keine Alternative.

Am Montag gab es im obersteirischen Spital am Semmering eine Bürgerversammlung, die sich mit dem dortigen Großquartier für bis zu 200 Flüchtlinge auseinandersetzte - mehr dazu in Semmering-Asylpläne: Heftige Proteste in Spital; auch im Landtag war am Dienstag die Asylfrage Thema: Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) sagte, dass die Bundesländer in Sachen Asyl solidarisch sein und die Quote erfüllen müssten - mehr dazu in Voves zu Asyl: „Das Ende des Florianiprinzips".

Entlastung erst bei Quotenerfüllung

Die Entscheidung, ob das Quartier in dieser Form bestehen bleibt, hänge mit der Quote zusammen, so Mikl-Leitner: „Ich bin die Erste, die froh darüber wäre, müssten wir hier keine Flüchtlinge unterbringen. Faktum ist, dass es jeden Tag mehr Asylanträge gibt, als Überstellungen in die Bundesländer möglich sind. Ich habe auch mit Landesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ, Anm.) gesprochen. Er hat mir zugesagt, mit aller Kraft, Quartiere in der Steiermark zu suchen. Je schneller die Steiermark die Quote erfüllt, desto schneller können wir die Gemeinde entlasten.“ Sie verstehe die Sorgen der Bevölkerung, aber die Situation sei derzeit alternativlos: In den letzten Wochen seien 3.200 Asylanträge gestellt worden - mehr dazu in Mikl-Leitner: Widerstand „brechen“ (news.ORF.at).

Laut Schrittwieser würden in der Steiermark derzeit noch 431 Plätze fehlen, um die Quote zu 100 Prozent zu erfüllen - nun sei die volle Solidarität der Gemeinden gefordert, so Schrittwieser, der an alle Bürgermeister appelliert, aktiv mitzuarbeiten und verfügbare Quartiere zur Verfügung zu stellen. Sollte das nicht passieren, werde die Landesregierung auch ohne Zustimmung der Gemeinden in einem sozial verträglichen Ausmaß Flüchtlinge zuweisen, wenn ein geeignetes Quartier zur Verfügung steht - mehr dazu in Asyl: Schrittwieser warnt Gemeinden (13.9.2014).

Bürgermeister fordert weiter Schließung

Der Bürgermeister von Spital am Semmering, Reinhard Reisinger (SPÖ), fordert nach wie vor, dass das neue Großquartier für Flüchtlinge geschlossen wird: Man wolle weiterhin Flüchtlinge unterbringen, aber nicht in diesem Ausmaß. „Es kann eigentlich aus meiner Sicht nur geschlossen werden, denn wir haben ja bereits zwei vorhandene Asylquartiere, in denen 70 bis 80 Personen untergebracht sind“, so Reisinger. Ein weiteres Quartier sei aufgrund des Verhältnisses von Fremden zur Bevölkerung einfach nicht möglich.

War der Informationsfluss ausreichend?

Die Volksanwaltschaft überlegt unterdessen, ein Prüfverfahren einzuleiten. Am Mittwoch kündigte Volksanwalt Günther Kräuter an, dass die Volksanwaltschaft das Flüchtlingsquartier in Spital zu überprüfen gedenkt. Überprüft werden könnte, „ob der Informationsfluss und die Einbindung der örtlich und regional Verantwortlichen, aber auch der Bevölkerung, in ausreichendem Maß gewährleistet ist“ oder ob die Volksanwälte einen Reformprozess zur Gestaltung der Kommunikation empfehlen müssen, so Kräuter. Ob nun konkret die Situation am Semmering geprüft wird, sei noch offen.

Zeltlager für Kräuter „Kulturschande“

Die Prüfungen der Erstaufnahmezentren Traiskirchen und Thalham sind indes noch nicht abgeschlossen. Kräuter betonte, dass sich die Volksanwaltschaft weiterhin für eine einheitliche Grundversorgung engagiere. Wie der Rechnungshof halte man außerdem kleinere Einrichtungen für den „richtigen Weg“. Würde Österreich wie zeitweise angekündigt tatsächlich Zelte für Asylwerber aufstellen, wäre das eine „Kulturschande“ und menschenrechtlich eine „absolute Bankrotterklärung“, so Kräuter weiter.

Rotes Kreuz: Flüchtlingspolitik überdenken

„Für Flüchtlinge muss es endlich legale Wege geben, in die EU einzureisen, um überhaupt einen Antrag auf Asyl stellen zu können“, meinte Gerald Schöpfer, Präsident des Roten Kreuzes, in einer Aussendung. Die derzeitige politische Diskussion über die Unterbringung von schutzsuchenden Flüchtlingen sei ein weiteres Indiz dafür, dass die Flüchtlingspolitik in Österreich, aber auch EU-weit überdacht werden müsse: „Angesichts der Tragödien, die sich derzeit etwa in Syrien, dem Nordirak und deren Nachbarländern abspielen, muss Europa humanitäre Verantwortung übernehmen.“