Gericht prüft Semmeringtunnel-Beschwerden

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Montag mit der Prüfung der noch anhängigen Beschwerdeverfahren gegen den Bau des Semmering-Basistunnels begonnen. Tunnelgegner halten den Bau für „fahrlässig“. Die ÖBB gingen zuversichtlich in die Verhandlung.

Gegenstand der öffentlichen Verhandlung ist unter anderem die Umweltverträglichkeitsprüfung, ein vom Verkehrsministerium erteilter Bescheid; auch die Naturschutz- und Wasserrechtsbescheide der Länder Steiermark und Niederösterreich sind den insgesamt sechs Beschwerdeführern ein Dorn im Auge.

Bundesverwaltungsgericht prüft anhängige Fälle

Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt die Aufgabe, die Beschwerden zu prüfen. Am Montag und am Dienstag will man sich dafür Zeit nehmen. Für den Fall, dass die Verhandlungen mehr Zeit beanspruchen, sei auch noch der Mittwoch eingeplant. Insgesamt seien sieben Beschwerdeverfahren abzuarbeiten, heißt es auf Anfrage beim Bundesverwaltungsgericht. Die sechs Beschwerdeführer sind zwei Bürgeriniatiativen, drei Privatpersonen und die Umweltorganisation „Alliance for Nature“. Letztere kämpft schon seit Jahren gegen das Tunnelprojekt - einige Male auch schon erfolgreich.

„Naturschutz ist nach wie vor Landessache“

Der Druck, dass Projekt durchzupeitschen, sei mittlerweile sehr groß, so der Generalsekretär der Organisation, Christian Schuhböck. Deshalb würde man alles in eine Verhandlung packen: „Auch die naturschutzrechtlichen Bescheide, was unseres Erachtens nach unzulässig ist, weil das Bundesverwaltungsgericht nicht zuständig ist. Naturschutz ist nach wie vor Landessache.“

Doch die Tunnelgegner scheiterten mit ihrem Ansuchen, das BVwG möge sich für die Landesbescheide unzuständig erklären. Auch der Befangenheitsantrag gegen einen Gutachter wurde vom Richter abgelehnt, auch wenn der Gutachter auf Nachfragen der Projektgegner einräumte, er sei weder Ziviltechniker noch habe er einen Gewerbeschein. Seine Funktion als Universitätsprofessor reiche aus. Auch der Richter selber erklärte sich für nicht befangen.

ÖBB gingen zuversichtlich in Verhandlung

Auch dass nur drei Gutachter bestellt wurden, deute auf eine rasche Abhandlung hin, so Schuhböck. Deshalb wurde ein Antrag gestellt, dass alle Sachverständigen geladen werden: „Sollte das Gericht unserem Antrag nicht stattgeben, dann ist das möglicherweise schon ein gravierender Verfahrensfehler.“ Sollte der Tunnel realisiert werden, sei außerdem zu befürchten, dass die denkmalgeschützte Semmering-Bahn eingestellt wird und ihren UNESCO-Status verliert.

Bei den ÖBB hieß es im Vorfeld, man gehe zuversichtlich in die Verhandlung im Bundesverwaltungsgericht. Man sei immer der Meinung gewesen, ein Projekt eingereicht zu haben, das genehmigungsfähig ist. In einer Kurzpräsentation verwiesen die ÖBB darauf, dass das Projekt unverändert zur ersten Genehmigung aus dem Jahr 2011 weiterverfolgt werde und nötig sei, da die Strecke über den Semmering nicht mehr zeitgemäß sei. Auch spare man sich mit dem Tunnel künftig zwischen Wien und Graz eine halbe Stunde Zeit.

Strecke Semmering-Basistunnel

APA/ÖBB

Meilensteine (Quelle: ÖBB):

  • Ministerratsbeschluss: März 2005
  • Baubeginn: April 2012
  • Aufhebung UVP-Bescheid: Juni 2014
  • Neuer UVP-Bescheid: Juni 2014
  • Fertigstellung: 2025

2025 - also in zehn Jahren soll der Semmeringbasistunnel fertig sein. Der 27 Kilometer lange Eisenbahntunnel zwischen Gloggnitz und Mürzzuschlag soll laut den ÖBB das Weltkulturerbe Semmering-Bahn entlasten, die Bahnkunden schneller ans Ziel bringen und auch für schwere Güterzüge befahrbar sein. Jahrzehntelang wurde über das Projekt gestritten, im April 2012 erfolgte der Spatenstich. Seither wird mit einigen Unterbrechnungen gebaut - Unterbrechungen deshalb, weil Tunnelgegner nach wie vor rechtlich gegen den Bau vorgehen – mehr dazu in VwGH hebt Genehmigung für Semmeringtunnel auf (10.2.2014) und Weiterbau des Semmeringtunnels genehmigt (24.6.2014).

Millionen Liter Wasser würden täglich abgeleitet

Die Umweltorganisation kritisiert hauptsächlich die massive Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes. Millionen Liter an Wasser würden durch den Tunnel täglich abgeleitet werden, dadurch würden Quellen versiegen und die Trinkwasserversorgung gefährdet werden, meint Schuhböck: „Für 40 Züge pro Tag eine derart massive Investition auf Schulden kommender Generationen aufzubauen, das halten wir einfach für fahrlässig. Wir können dem Projekt Semmering-Basistunnel praktisch nichts abgewinnen. Es wird Milliarden kosten und Millionen Liter an Wasser pro Tag der Region entziehen.“

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