Masern: Impfmüdigkeit wird zum Problem

Nach der Schwesternschülerin ist in Graz ein weiterer Masernfall bekanntgeworden: Ein Zivildiener steckte sich bei demselben Kind an. Die Landessanitätsdirektion geht von vielen weiteren Erkrankten aus - die Impfmüdigkeit werde jetzt zum Problem.

Das Umfeld und die Patienten einer Krankenschwesternschülerin im LKH Graz sind derzeit alarmiert: Die mit Masern infizierte Schülerin hatte mit rund 170 Personen Kontakt. Viele davon waren nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft, was bedeutet, dass auch bei ihnen die Masern ausbrechen können.

Alle Betroffenen kontaktiert

Laut dem Chef der Grazer Kinderklinik, Christian Urban, wurden am Wochenende alle Betroffenen kontaktiert: „Das ist eigentlich nicht unsere Aufgabe, es wäre die Aufgabe des Gesundheitsamtes, aber das hat ja am Wochenende keinen Dienst, so dass wir mit Ärzten, Professoren und Dozenten die Eltern aller potenziell betroffenen Kinder angerufen haben und dann erfahren haben, dass von diesen 170 Kindern und Eltern, die in der Ambulanz waren, 40 nicht geimpft sind“, so Urban. Ein Teil der Kinder soll übrigens bewusst nicht geimpft worden sein, ein Teil soll laut Urban noch zu jung für die Impfung sein.

Kinder aus drei Bundesländern

Laut Sanitätsdirektion kommen die betroffenen 170 Kinder und Eltern aus verschiedensten Teilen der Steiermark, aus Kärnten und dem Burgenland. Ob sich Betroffene mit Masern infiziert haben, wird die Inkubationszeit zeigen - die dauert bis zu zwölf Tage.

Neuer Masernfall bekannt

Die Landessanitätsdirektion Steiermark befindet sich derzeit in regelmäßigem Austausch mit den Bezirkshauptmannschaften, die die Betroffenen informiert haben. Es wird davon ausgegangen, dass es noch viele Masernfälle geben wird, und der Kreis der potenziell Betroffenen wird größer: Am Montag wurde laut Ursula Schreiber von der Landessanitätsdirektion bekannt, dass sich ein Zivildiener bei demselben Kind angesteckt hat wie die Schwesternschülerin.

Wie viele von den Personen, die mit den beiden Kontakt hatten, bereits erkrankt sind, könne man noch nicht sagen, aber es ist davon auszugehen, dass es viele sein werden: „Das Ansteckungsrisiko ist für nicht geimpfte bzw. nur einmal geimpfte Personen, die die Erkrankung nicht schon in der Vergangenheit hatten, weit über 90 Prozent. Das ist eine höchst ansteckende Infektionserkrankung.“

Schreiber: „Zu wenig geimpfte Personen“

Man sei bereits ansteckend, noch bevor man einen Ausschlag bekommt, die ersten Symptome seien wie bei einem Schnupfen. Ein großes Problem sei die gesunkene Impfmoral, sagt Ursula Schreiber, „weil die Durchimpfungsrate in Österreich unter 80 Prozent, was die Einmalimpfung betrifft - und für einen notwendigen Impfschutz braucht man eine zweite Impfung, da ist die Durchimpfungsrate noch geringer -, nicht ausreicht, um einen Herdenschutz zu erzeugen. Es gibt zu wenig geimpfte Personen, die Impfmüdigkeit ist jetzt das Problem.“

Impflücken schließen

Impflücken könnten aber jederzeit geschlossen werden, sagt die Ärztin, „und wenn ein Masernausbruch in einer Schule oder einem Kindergarten auftritt, dann gibt es eben die Möglichkeit, die Einrichtung zu schließen bzw. denjenigen während der Zeit, in der er ansteckend ist, von dieser Einrichtung auszuschließen." Jeder, der jetzt unsicher sei, könne beim Hausarzt oder bei der Landessanitätsdirektion seinen Impfpass kontrollieren lassen; um 100-prozentig geschützt zu sein, sollte man zwei Impfungen gehabt haben, rät Ursula Schreiber, der Abstand zwischen den Impfungen ist dabei egal.

Ärztekammer fordert besseren Impfschutz

Der Präsident der Ärztekammer Steiermark, Herwig Lindner, forderte, den Impfschutz für Beschäftigte im Gesundheitsbereich „zur eigenen Sicherheit und zur Sicherheit der Patienten“ zu überprüfen und zu verbessern.

Seit 2012 gibt es laut Lindner konkrete Empfehlungen als Erweiterung des Österreichischen Impfplans. Der jüngste Vorfall ist für ihn Anlass, nun zusätzliche Anstrengungen zu verlangen: „Eine Impfpflicht ist aus rechtlichen Gründen derzeit auszuschließen, aber alle Arbeitgeber im Gesundheitsbereich sollten sicherstellen, dass besonders in sensiblen Bereichen nur vollständig durch Impfungen geschütztes Personal eingesetzt wird.“ Konkret nannte Lindner Ambulanzen, Kinderabteilungen, Intensivstationen, aber auch den Empfangsbereich von Krankenhäusern. Diese Schutzmaßnahmen sollten laut Lindner für den intramuralen und extramuralen Bereich gleichermaßen gelten.

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