Straner geht als Angeklagter in die Wahl

Knapp vor der Gemeinderatswahl am Sonntag gibt es in Fohnsdorf einen Knalleffekt: Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Amtsmissbrauchs und Untreue gegen Bürgermeister Johann Straner (SPÖ). Dieser will sich mit seinem Anwalt beraten.

Johann Straner

APA/EXPA/Sandro Zangrando

Seit über fünf Jahren wird gegen Johann Straner ermittelt

Die Errichtung der Aqualux-Therme stürzte die obersteirische Gemeinde Fohnsdorf ins Finanzchaos: 25 Millionen Euro kostete das im Dezember 2007 eröffnete Projekt. Es wurde von der Gemeinde fast im Alleingang durchgezogen, nachdem private Investoren abgesprungen waren. Deswegen und weil die erhofften Gästezahlen bei weitem nicht erreicht wurden, war die 8.000-Einwohner-Gemeinde Ende 2009 plötzlich mit Haftungen in der Höhe von 19 Millionen Euro konfrontiert.

Ermittlungen laufen seit 2009

Ende 2009 traf dann auch die erste Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Leoben ein, und seither wird gegen den Fohnsdorfer Bürgermeister ermittelt. Mehr als fünf Jahre danach - auch im Parlament wurde das langwierige Verfahren mehrmals durch Anfragen von FPÖ und Grünen an die Justizminister thematisiert - gibt es nun eine Entscheidung: Straner wird angeklagt, die Staatsanwaltschaft wirft ihm Amtsmissbrauch und Untreue vor.

Straner kandidiert wieder für SPÖ

Straner war nach einem vernichtenden Rechnungshof-Bericht Anfang 2011 vom Land als Bürgermeister abgesetzt und durch einen Regierungskommissär ersetzt worden. Bei der Neuwahl kandidierte er dann mit einer eigenen Liste und wurde - mit Verlusten - neuerlich zum Bürgermeister gewählt - mehr dazu in Fohnsdorf-Wahl: Herbe Verluste für Straner (24.9.2011). Auch am Sonntag tritt Straner an, diesmal aber wieder als SPÖ-Spitzenkandidat - mehr dazu in Fohnsdorf: Straner wieder SPÖ-Mitglied (3.5.2012).

Fohnsdorf

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„Zeitpunkt kann kein Zufall sein“

Für Straner kommt der Zeitpunkt der Anklage - rund eine Woche vor der Gemeinderatswahl - daher nicht überraschend, für ihn ist er sogar bewusst gewählt: „Davon gehe ich 100-prozentig aus, weil das Verfahren dauert fünf Jahre und acht Monate, und dass es just wenige Tage vor der Gemeinderatswahl zur Anklageschrift kommt, kann kein Zufall sein.“

Amtsmissbrauch und Untreue

Es geht um Amtsmissbrauch und Untreue - um Straners frühere Dreifachfunktion Ortschef, Amtsvorstand und Thermengeschäftsführer soll es zu Ungereimtheiten gekommen sein: „Ich kann von meiner Seite her nur behaupten, ich habe immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, ich habe die aufsichtsbehördlichen Genehmigungen im Haus. Ich sehe der ganzen Sache sehr gelassen entgegen“, so Straner.

Als Beispiel nannte er eine Überweisung von 200.000 Euro, die er seitens der Gemeinde im Sommer 2009 an die kurz vor dem Konkurs stehende Therme Aqualux überweisen hatte lassen: Die Gemeinde als Eigentümer habe damit den Konkurs abwenden können, den entsprechenden Gemeinderatsbeschluss holte er jedoch erst im September 2009 ein: „Ich dachte, der Grundsatzbeschluss reicht. Jedenfalls hat mir die Abteilung 7 des Landes mitgeteilt, ich könne den Gemeinderatsbeschluss danach einholen.“

Einspruch sehr wahrscheinlich

Straner - für den die Unschuldsvermutung gilt - will sich in den nächsten Tagen mit seinem Anwalt beraten und danach über einen möglichen Einspruch gegen die Anklageschrift entscheiden: „Die Anklageschrift ist ja nicht rechtskräftig, die Wahrscheinlichkeit, dass wir Einspruch erheben, ist sehr groß.“ Wann es zu einem Verfahren gegen den Fohnsdorfer Bürgermeister kommt, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden.

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