Handys zwischen Sucht und Fortschritt

Anlässlich des ORF-Schwerpunkts „Wie süchtig ist Österreich?“ ist der ORF Steiermark dem Thema Handysucht bei Jugendlichen nachgegangen. Experten raten zu bewusstem Gebrauch, tragen aber auch der technischen Entwicklung Rechnung.

Handys

ORF

90 Prozent der Jugendlichen haben ein Handy oder Smartphone.

Das Handy ist unser tagtäglicher Begleiter, für viele Menschen scheint ein Leben ohne Handy und vor allem Smartphone kaum mehr vorstellbar - vor allem für junge Menschen und Jugendliche ist das Handy zu so etwas wie einer Selbstverständlichkeit geworden.

Eltern als Vorbilder

Auch in Sachen Handy gilt: Die Eltern leben es vor, die Kinder machen es nach - und entwickeln eigene Zugänge. Neun von zehn Jugendlichen sind Handybesitzer. Den Anfang nimmt die Geschichte eines Handys in jugendlichen Händen so gut wie immer als erweiterte technische Nabelschnur für die Eltern, später komme dann auch der soziale Druck dazu, so Kinder- und Jugendpsychiaterin Silvia Quiner.

„Es ist eine Diskrepanz zwischen der Generation, die mit diesen Medien aufwäscht und der Sicht der Erwachsenen, die den Umgang mit diesen neuen Medien erst erlernen mussten. Für Erwachse ist es wichtig, sich für neue Medien zu interessieren und das mit den Kindern auch durchzunehmen“, so Quiner.

Handys

ORF

Furcht, etwas zu verpassen

Viele Jugendlichen erliegen dem Glauben, etwas zu verpassen, nicht Teil der Gesellschaft zu sein, wenn sie offline sind - das gilt im Übrigen auch für immer mehr Erwachsene. Der Weg in die Abhängigkeit ist da oft unbemerkt, aber schnell gegangen. Die Nutzung des Smartphones auch im öffentlichen Raum gilt meist nicht mehr als störend oder anstößig, „macht ja jeder“, hört man oft. Und: Das Handy lenkt ab, von anderen Menschen und Erlebnissen, auch von persönlichen Kontakten.

Reale Kontakte nicht vernachlässigen

„Es ist eine neue Form der Kommunikation, die sich mit den Handys entwickelt hat, wo man ständig abrufbar ist. Das stresst und kann auch durch ständige Reizüberflutungen überfordern. Das ist auch nicht gut für die Entwicklung des Gehirns. Man soll auch darauf achten, reale und gegebene soziale Kontakte zu pflegen. Es gibt aber in der Forschung keine Hinweise, dass Jugendliche aufgrund der Handynutzung weniger reale Freunde haben“, sagte Quiner.

Das Freizeitverhalten der Jugendlichen habe sich in den vergangenen 15 Jahren nicht wesentlich geändert, zitierte Quiner deutsche Studien, in diesen Freizeitbeschäftigungen sei aber der Computer als fixer Bestandteil integriert - und damit auch das Smartphone.

Jugendlichen den Stress nehmen

Es sei auch wichtig, den Jugendlichen den Stress zu nehmen, das Handy ständig griffbereit und eingeschaltet zu haben, es ständig mitlaufen zu lassen, so die Expertin. Handyfreie Zeiten innerhalb der Familie könnten zur Verbesserung der internen Kommunikation beitragen. Kindern müssten Grenzen gesetzt werden, ein Handyverbot sei aber auch keine Lösung. „Man soll es nicht auf die Verbotseben bringen sondern versuchen, Regeln auszumachen und Vor- und Nachteile zu besprechen.“

Statt Fernseher und Festnetz

Handys und Smartphones wegzudenken sei unrealistisch und auch nicht gut, so Quiner. Sie relativiert: Von einer regelrechten Handysucht seien wir dennoch weit entfernt, das Smartphone habe im Laufe der Zeit eben dem Fernseher oder dem Festnetz schlicht weg auch den Rang abgelaufen.