Prozessauftakt nach Bluttat im Keller

Wegen Mordes steht seit Montag ein 17-jähriger Schüler in Graz vor Gericht. Der Grazer hatte im Juni 2014 in einer Kellerwohnung einen gleichaltrigen Bekannten erschossen und die Leiche mit seinem Großvater nach Ungarn gebracht und dort verscharrt.

Der Jugendliche soll im vergangenen Juni bei einer Drogenparty in einem Keller einen gleichaltrigen Kärntner erschossen haben. Der Bursche hatte sich zunächst damit gerechtfertigt, dass er von seinem späteren Opfer dazu genötigt worden sei, ein Mädchen zu vergewaltigen. In der Anklageschrift ist davon aber keine Rede mehr - mehr dazu in Bluttat im Keller: Mordanklage gegen 16-Jährigen (27.11.2014).

14-Jährige vergewaltigt

Mit vorgehaltener Pistole habe ihn sein Freund dazu gezwungen, eine damals 14-Jährige zu vergewaltigen, so der mittlerweile 17-Jährige in den ersten Einvernahmen über sein Motiv. Die Staatsanwaltschaft kam bei ihren Ermittlungen allerdings zu einem anderen Ergebnis: Laut Anklage haben die beiden Burschen dem Mädchen Schlafmittel ins Getränk gegeben. Daraufhin sollen beide das Mädchen vergewaltigt haben, ohne dass sie es bemerkte - später habe sie sich nur vage daran erinnern können, dass sie an Händen und Füßen gefesselt war.

Haus Graz Geidorf

APA/WOLFGANG WEHAP

Schuss in den Kopf

Weil die Burschen Angst davor hatten, das Mädchen könnte zur Polizei gehen, wurde es noch länger in der Wohnung des Angeklagten festgehalten und mehrmals vom späteren Mordopfer mit einer Gasdruckpistole bedroht. Der Beschuldigte holte aus der Wohnung seines Großvaters ein Kleinkalibergewehr und kehrte damit in die Kellerwohnung zurück. Dort zielte er auf seinen Bekannten, der mittlerweile mit 2,6 Promille schwer alkoholisiert war, und sagte, er werde das Mädchen jetzt wegbringen. Kurz darauf fiel ein Schuss und traf den 16-Jährigen über dem linken Auge am Kopf - er war sofort tot.

„Der ist hin“

Danach habe er, so die Staatsanwältin, ihn an den Rippen gestoßen und in Richtung des Mädchens gesagt: „Der ist hin“; bei Freunden habe er später angekündigt, den „Kärntner jetzt beseitigen zu gehen“. Mit seinem Großvater beseitigte er schließlich die Spuren und schaffte die Leiche weg: Die beiden transportierten den Toten in Müllsäcken eingewickelt nach Ungarn, wo sie ihn vergruben - mehr dazu in Nach Party in Graz: Leiche gefunden (1.7.2014).

Vorsätzlicher Mord oder unglücklicher Unfall?

Für die Staatsanwaltschaft steht fest, dass der Angeklagte vorsätzlich gehandelt hat - sie fordert eine Verurteilung wegen Mordes und die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Die Verteidigung sieht das anders - sie spricht von einem unglücklichen Unfall und ging beim Prozessauftakt am Montag vor allem auf die Rolle des Opfers ein. Dieser habe dem Mädchen KO-Tropfen verabreicht, dieser habe den Angeklagten mit vorgehaltener Gasdruckpistole aufgefordert, das Mädchen zu fesseln und zu vergewaltigen; immer wieder habe er dabei die beiden mit der Waffe bedroht. Danach habe das spätere Mordopfer das betäubte Mädchen mehrmals vergewaltigt.

Späteres Opfer soll „Terrorregime“ geschaffen haben

Der Kärntner habe eine Art Terrorregime geschaffen, dem sich die beiden anderen nicht entziehen konnten - was Drohungen betrifft, sei er sei ein Meister seines Faches gewesen. Sein Mandant habe dann aber das Mädchen aus den Fängen des Kärntners befreien wollen, so der Verteidiger weiter: Er habe sich aber nicht zur Polizei getraut, aus Angst, sein Bekannter würde dann total durchdrehen - deshalb habe er die Waffe seines Großvaters geholt, und beim Versuch, das Mädchen zu holen, sei dann der unglückliche Unfall passiert: Beim Heben des Laufes habe sich der tödliche Schuss gelöst.

Urteil frühestens im April

Der Verteidiger kritisierte auch das psychologische Gutachten, das dem Angeklagten eine psychische Störung und eine hohe Gefährlichkeit attestiert - er beantragte eine Expertise eines Jugendpsychiaters und auch ein neues waffentechnisches Gutachten. Ein Urteil wird es daher nicht wie geplant noch diese Woche, sondern frühestens im April geben.