Dechant heiratet - Zölibatsdebatte neu entflammt

Die Bürger von Leoben stehen hinter dem Schritt von Dechant Maximilian Tödtling - der 45-Jährige hatte ja angekündigt, heiraten zu wollen. Tödtlings Fall löste auch eine Zölibatsdebatte aus - eine aus Sicht eines Kirchenrechtsexperten unnötige Debatte.

Die Leobener Bevölkerung sieht es gelassen, dass ihr beliebter Dechant Maximilian Tödtling bald keine Messen mehr halten wird; der 45-Jährige gab am Osterwochenende bekannt, dass er eine Frau heiraten möchte und daher sein Amt als Dechant abgeben wird - mehr dazu in Dechant gab Heiratsabsicht bei Gottesdienst bekannt (7.4.2015). „Ich bin tief beeindruckt von seiner Courage, von seiner Konsequenz und Entschlossenheit“, sagt ein Leobener.

Maximilian Tödtling Pfarrer Leoben

ORF

Maximilian Tödtling legt sein Amt als Pfarrer von Leoben-Donawitz zurück

Pfarrerinitiative für Zölibatslockerung

Bei der Segnung des Spatenstichs für die neue Biogasanlage in der Brauerei in Göss durfte der Dechant zahlreiche Gratulationen entgegennehmen, und auch von der Pfarrerinitiative Steiermark gibt es Zuspruch: „Man soll den Zölibat vielleicht nicht aufheben. Aber man könnte den Pfarrern die Lebensform freistellen“, sagt Josef Wilfling, Sprecher der Pfarrerinitiative.

Einer, der die Situation Tödtlings bestens kennt, ist Ewald Meixner: Der Ex-Pfarrer von Graz-Straßgang legte 2008 sein Amt zurück und ist mittlerweile Vater zweier Kinder. Er ist seither Priester ohne Amt: „Ich spüre, dass das Priester-Sein ganz wesenhaft zu mir und meinem Leben dazu gehört.“ Meixner hofft, dass die katholische Kirche die Regeln für die Lebensform ihrer Pfarrer in näherer Zukunft etwas lockert.

Kirchenrechtsexperte: „Kein Priestermangel“

Dem widerspricht der Kirchenrechtsexperte der Diözese Graz-Seckau, Franz Hasenhütl: Er sagt, Entscheidungen von so großer Tragweite seien von Rom im gesamtkirchlichen Kontext zu treffen, und aus diesem heraus gebe es keine Notwendigkeit zu einer Lockerung des Zölibats, denn im Gegensatz zu Südamerika gebe es hierzulande keinen Priestermangel. Den Zölibat in den nächsten hundert Jahren abzuschaffen sei aus seiner Sicht nicht machbar.

„Kirchenrecht ermöglicht mehr, als man annimmt“

Allerdings könnten die Diözesen selbst zeitgemäße Veränderungen vornehmen, sagt Hasenhütl: „Das Kirchenrecht würde mehr ermöglichen für die Pfarrseelsorge, als man landläufig annimmt. Es liegt durchaus im Bereich des Bischofs oder der österreichischen Bischofskonferenz, auch auf teilkirchlicher Ebene Dinge umzusetzen, die bereits jetzt möglich wären ohne, dass man große weltkirchliche Diskussionen auslösen müsste.“

Konkret meint Hasenhütl, dass Laien mehr Aufgaben in der Kirche übernehmen könnten, um Priester zu entlasten, denn nur Buße, Krankensalbung und Eucharistiefeier seien ausschließlich diesen vorbehalten: „Man sollte einfach weggehen von dieser Fokussierung auf den Priester, der für alles zuständig ist und alles zu machen hat. Eine Taufspendung muss jetzt nicht der Priester vornehmen, auch für das Sakrament der Ehe braucht man keinen Priester“, so Hasenhütl.

Weihe nicht rückgängig zu machen

Den Schritt des Leobener Dechants bezeichnet Kirchenrechtsexperte als nicht alltäglich. Dessen Rückversetzung in den Laienstand durch Rom werde Monate dauern, das Laisierungsverfahren werde ihn nur von den mit der Priesterweihe verbundenen Rechten und Pflichten entbinden. Die Weihe selbst sei nicht rückgängig zu machen - im Notfall wird also Maximilian Tödtling einem Sterbenden weiterhin die Sakramente spenden dürfen.

Mit einem Zitat aus „Mein Kampf“ von Adolf Hitler verteidigte unterdessen in Vorarlberg der St. Gallenkircher Pfarrer die zölibatäre Lebensweise. Nach Kritik distanzierte er sich zwar mittlerweile von der im Pfarrblatt veröffentlichten Aussage, die Diözese will dennoch umgehend das Gespräch mit dem Pfarrer suchen - mehr dazu in Pfarrer argumentiert mit Hitler für Zölibat (vorarlberg.ORF.at).