Verwunderung bei Politexperten

Nicht nur das Ergebnis der Landtagswahl hat viele Politikexperten überrascht: Auch die am Mittwoch präsentierte neue Landesregierung kam unerwartet, vor allem die Tatsache, dass die ÖVP künftig den Landeshauptmann stellt.

Einige Politikexperten sehen angesichts der neuen steirischen Regierung schwarz für die SPÖ. OGM-Chef Wolfgang Bachmayer meinte etwa: „Da ist Hermann Schützenhöfer ein absoluter Coup gelungen.“ Überraschend sei vor allem, dass die SPÖ der ÖVP weitgehend widerstandslos den Landeshauptmann-Sessel für fünf Jahre überlassen habe - mehr dazu in Regierung ohne Voves (10.6.2015).

Landeshauptmann-Wechsel nach zehn Jahren

Mehr als 60 Jahre lang war die ÖVP an der Spitze der Steiermark gewesen. 2005 schaffte Franz Voves das bis dahin Unvorstellbare und färbte als erster SPÖ-Landeshauptmann die Steiermark um. Nun gaben die Sozialdemokraten trotz des Wahlsieges nach zehn Jahren den Landeshauptmann-Sessel ab.

Neue Landesregierung

APA/Erwin Scheriau

Das neue SPÖ-ÖVP-Regierungsteam

Auch Politologe Peter Filzmaier ist überrascht, sieht hinter dem Rücktritt von Voves aber vor allem den Versuch eines geordneten Generationswechsels innerhalb der SPÖ: „Ich erinnere an Waltraud Klasnic, die noch am Wahlabend ihrer Niederlage zurückgetreten ist und eine ungeordnete ÖVP zurückgelassen hat.“

Hoher Preis für Generationswechsel

Der Preis für diesen Generationswechsel ist laut Filzmaier allerdings hoch: „Auf den ersten Blick bekommt die SPÖ nur die Verkehrskompetenzen dazu, und das war ja ein freies Ressort des aufgrund des Proporzes in der Steiermark bisher in der Regierung gewesenen Gerhard Kurzmann von der FPÖ.“

Dass Schützenhöfer die volle Periode durchhält, ist für Bachmayer nicht gegessen. So hält er einen Wechsel auch innerhalb der ÖVP noch vor der nächsten Wahl für möglich, um einen Nachfolger zu positionieren. „Dann wäre das ÖVP-Projekt geglückt, ‚ihre Steiermark‘ zurückzuholen“, glaubt der Meinungsforscher. Zu bedenken gab Bachmayer auch, dass die SPÖ nun nur noch in drei Bundesländern den Landeshauptmann stellt, vor zwei Jahren sei das noch in fünf der Fall gewesen. „Das symbolisiert die derzeit problematische Situation der SPÖ“, sagte er dazu.

SPÖ hat „Führungsfigur Voves“ verloren

Noch kritischer sieht die Position der Sozialdemokratie Politikberater Thomas Hofer. „Die SPÖ hat den letzten Fluchtweg genommen und damit den absoluten Gesichtsverlust riskiert“, meinte er. Die Regierungsbildung in der Steiermark sei für sie eine „krasse Verhandlungsniederlage“. Noch dazu habe die steirische Landespartei ihre „Führungsfigur Voves“ verloren. „Das bringt die SPÖ in eine absolute Zwickmühle“, so Hofer.

Erschwerend kommt für den Politikberater hinzu, dass die nach der Landtagswahl erstarkte FPÖ keine leichte Opposition betreiben werde. Alles in allem werde das Wasser auf die Mühlen jener in der SPÖ sein, die eine Koalition mit den Freiheitlichen - wie eben erst im Burgenland beschlossen - befürworten. Hofer: „Das wird die Krise auf Bundesebene noch verstärken.“