Unternehmen schafft Flüchtlingsunterkunft

Messgeräte-Hersteller Anton Paar in Graz hat ein altes Bürogebäude in eine Flüchtlingsunterkunft für unbegleitete Minderjährige umfunktioniert, wo täglich Deutsch unterrichtet wird. Die Kosten trägt das Unternehmen selbst.

Dort, wo vor geraumer Zeit noch Ingenieure in ihren Büros gesessen sind, sind nun Schlafzimmer, Wohnküchen, Aufenthaltsräume und ein Fitnesscenter gebaut worden. Das Grazer Unternehmen Anton Paar stellt nicht nur dieses Gebäude für die Flüchtlingsbetreuung zur Verfügung, sondern hat den Umbau mit 140.000 Euro auch finanziert und bezahlt die laufenden Kosten.

Schule lernen Deutschkurs Anton Paar Flüchtlinge

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Sendungshinweis:

„Steiermark heute“, 9.10.2015

Zudem haben sich benachbarte Unternehmen wie Ikea und Kika am Umbau beteiligt. Das gibt laut den Verantwortlichen auch Anlass zur Hoffnung, dass das Projekt Schule macht.

„Viele ohne Schulabschluss“

Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden von neun Sozialarbeitern von Alpha Nova betreut, Andrea Prieschl koordiniert für die 14- und 15-Jährigen alles von Arztbesuchen bis zur Schulausbildung: „Wir haben Jugendliche dabei, die keinen regulären Schulabschluss haben. Die haben außer der Koran-Schule und einem Englischkurs nichts gemacht. Das heißt, dass Lernen für sie alle sehr wichtig ist. Und natürlich auch in Zukunft Arbeit finden.“

Gesetz steht Arbeit im Weg

Vom Tag ihrer Ankunft an, werden die jungen Flüchtlinge in Deutsch unterrichtet. Der Wunsch auch zu arbeiten ist groß, doch für Firmenchef Friedrich Santner stehen sowohl Asyl- als auch Arbeitsgesetze im Weg: „Wenn ich Menschen da habe, die hier leben, dann ist es doch nicht sehr intelligent zu sagen, die dürfen nicht arbeiten. Man sollte die Angst einmal vergessen, dass die uns Arbeitsplätze wegnehmen."

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Ehemalige Büroräume wurden zu Zimmern für Flüchtlinge umfunktioniert

Santner meint, dass Österreich mittlerweile auf die Hilfe von Arbeitskräften mit Migrationshintergrund angewiesen sei: "Man stelle sich vor, wenn alle Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich gleichzeitig einmal einen Tag lang nicht arbeiten würden.“

Mitarbeiter wollen Arabisch lernen

40 junge Flüchtlinge werden im privat initiierten Flüchtlingsquartier direkt neben der Betriebsstätte betreut. Anfangs hat es unter den Mitarbeitern Vorbehalte und Ängste gegeben, sagt Maria Santner: „Die Angst bezieht sich eher auf die Frage, ob Arbeitsplätze dadurch weggenommen werden. Auch ob der Arbeitsalltag sich verändert, ob die Flüchtlinge ins Haus kommen. Das ist bei uns aber ganz klar getrennt.“

Mittlerweile ist die Hilfsbereitschaft auch in der Nachbarschaft und bei Partnerbetrieben größer, als die Ablehnung: „Die Erfahrungen bisher zeigen, dass benachbarte Unternehmen uns unterstützen und sich engagieren. Sie sagen selber, sie wären stolz, das selbst organisieren zu können.“ Die Mitarbeiter haben nun sogar der Wunsch geäußert, einen Arabisch-Kurs zu organisieren, um mit den Flüchtlingen besser in Kontakt zu kommen.

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