Grazer forschen über Darm und Gehirn

Chronischer Bauchschmerz und entzündliche Darmerkrankungen gehen oft mit psychosozialen und psychiatrischen Erkrankungen einher. Grazer Forscher untersuchen das komplexe Zusammenspiel von Darm und Gehirn.

Emotionen wie Angst oder Ärger können ein „flaues Gefühl im Bauch“, den Eindruck, dass etwas „im Magen liegt“, oder selbst heftigen Bauchschmerz hervorrufen. Andererseits kann der Bauch nicht nur auf Gefühle reagieren, sondern bei chronischem Bauchschmerz auch das soziale Verhalten der Betroffenen ändern.

Schmerz und Veränderungen im Gehirn

Der Pharmakologe und Neurogastroenterologe an der Medizinischen Universität Graz, Peter Holzer, und sein Team haben in einem soeben abgeschlossenen Projekt des Forschungsfonds FWF untersucht, wie entzündungsbedingter chronischer Schmerz die Gehirnfunktion und das soziale Verhalten der Betroffenen beeinflussen. In Tierversuchen konnten die Forscher deutliche Änderungen im Gehirn nachweisen, die sowohl das Schmerzgedächtnis als auch die Emotionen betrafen, teilte der FWF am Montag mit.

Reger Informationsaustausch

Laut Peter Holzer tauschen der Verdauungstrakt und das Gehirn ständig eine Unzahl von Informationen aus, die über neurale Signale, Hormone und Zytokine übertragen werden. Wie die Untersuchungen zeigten, erhöhen Darmentzündungen das Schmerzempfinden. „Die Verhaltensänderungen zeigten sich im limbischen System und damit verbundenen Regionen der Gehirnrinde“, erläuterte Holzer. Im limbischen System werden die Emotionen gesteuert.

Depressive Mäuse

In einer weiteren Studie haben die Grazer Forscher erkannt, dass Mäuse depressiv wurden, wenn ihnen ein ganz bestimmtes Darmhormon (Peptid YY) fehlte. Sie zeigten sich deutlich ängstlicher und stressanfälliger.

Chronischer Bauchschmerz und die Nerven

Beim Menschen ist das Wechselspiel zwischen Darm, Darmbakterien und Psyche noch wenig erforscht, die Forschung versuche jedoch zusehends, das Zusammenspiel von Körpersystemen zu verstehen, so Holzer. Beim chronischen Bauchschmerz seien bisher die scherzempfindlichen Nervenfasern im Magen-Darm-Trakt im Vordergrund der Studien gestanden und etliche Angriffspunkte gefunden worden. In der klinischen Prüfung an Patienten hätten sich die Medikamente laut Holzer aber als wenig oder nicht wirksam erwiesen. „Die Lehre, die wir daraus ziehen mussten: Chronischer Bauchschmerz kommt nicht nur durch Überempfindlichkeit von Nerven im Magen-Darm-Trakt zustande, sondern muss noch was anderes sein, das näher am Gehirn liegt.“

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