Flüchtlinge: Tausende warten auf Züge

Im Laufe des Freitag gingen mehrere Tausend Flüchtlinge auf eigene Faust in Richtung Norden. Wann und wohin Busse und Sonderzüge fahren, war lange unklar. Die Situation an der Grenze hat sich am Abend beruhigt.

Auch am Freitagabend waren noch immer Tausende Flüchtlinge zu Fuß in Richtung Norden unterwegs. Laut Polizei sollen von Leibnitz aus Sonderzüge starten. Doch eine genaue Uhrzeit, eine Anzahl der Züge oder ein Zielort konnten nicht genannt werden.

Warten auf Busse: Flüchtlinge essen nicht

An der Grenze selbst hat sich die Lage etwas beruhigt. Rund 500 Menschen warteten Freitagabend im vorderen Bereich des Lagers darauf, mit Bussen weiterreisen zu können. Die Busse standen auch bereit. Doch eine Abfahrt sei laut Polizei nicht möglich.

Verpflegung gibt es allerdings nur im hinteren Bereich des Lagers. Dort werden Brot, Bananen, Getränke und Dosenfisch verteilt. Da die Menschen aber fürchten, ihren Platz vorne zu verlieren und so nicht in den nächsten Bus zu kommen, haben viele seit Stunden nichts gegessen. Außerdem wartet auf sie eine kalte Nacht im Freien, da sie nicht zurück in die beheizten Zelte wollen.

„Menschen in Bewegung halten“

UN-Flüchtlingshochkommissariats-Leiter Christoph Pinter erklärte am Freitag, dass es in Spielfeld schwieriger sei, als in Nickelsdorf, die Infrastruktur herzustellen. Die Topografie mache Spielfeld „enger und kleinräumiger“. Außerdem seien die Flüchtlinge in Nickelsdorf von den weiten Fußwegen durch Ungarn erschöpfter gewesen, als jene, die in Spielfeld ankommen.

„Kernelement ist, die Leute in Bewegung zu halten. Das funktioniert gerade nicht so ganz“, sagte Pinter und führte es darauf zurück, dass es bei den Quartierplätzen eng werde.

Etwa 7.000 Flüchtlinge haben am Freitag die österreichische Grenze in Spielfeld und Bad Radkersburg überschritten. Weitere 2.000 sollen laut Polizeiinformationen auf slowenischer Seite der Grenze warten. Da aber kaum Busse von der Grenze in Notquartiere gefahren sind, haben sich die meisten von ihnen zu Fuß auf den Weg Richtung Leibnitz gemacht. Das Rote Kreuz spricht von etwa 4.500 Menschen, die zum Bahnhof in Leibnitz marschieren.

Bundesheer stockt weiter auf

300 Soldaten sind am Freitag von der burgenländisch-ungarischen Grenze in Nickelsdorf nach Spielfeld gekommen. Eine Kompanie verbleibe in Nickelsdorf, eine halbe in Güssing. Das Jägerbataillon 25 sei laut Militärkommando Burgenland komplett in die Steiermark versetzt worden.

Abtransport kaum möglich

Wie schon in den Tagen zuvor versuchten Polizei und Bundesheer auch am Freitag, die Menschen wieder geordnet weiterzuleiten. Zum Aufbruch ist es laut Polizei vermutlich gekommen, weil der Abtransport mit Bussen sehr schleppend voranging. Am Vormittag sollen dafür überfüllte Notunterkünfte verantwortlich gewesen sein, am Nachmittag seien schlicht zu viele Menschen auf den Bundesstraßen unterwegs gewesen. Deshalb sei ein Abtransport zu gefährlich gewesen.

Bahngleise in der Früh blockiert

Kurz nach Sonnenaufgang drängten mehrere hundert Menschen auf den Vorplatz beim Transitlager; gleichzeitig kamen Hunderte Menschen aus Slowenien - sie zogen aber am Lager vorbei direkt auf die Bahnstrecke und machten sich auf den Gleisen in Richtung Norden auf. Dabei kam es auch zu einer brenzligen Situation: Die Menschen mussten vom Damm springen, als ein Zug die Strecke passierte - mehr dazu in Erneut Hunderte angekommen (news.ORF.at).

Busse drehten wieder um

Die Polizei versuchte, neu angekommenen Flüchtlinge zur Rückkehr hinter die Grenze zu bewegen, um einen geordneten Übertritt gewährleisten zu können. Jene rund 20 Busse, die zum Weitertransport der Flüchtlinge bereitgestanden waren, drehten indes um - laut Polizeisprecher Leo Josefus aus Gründen der Sicherheit: „Der Bustransfer ist wirklich nur von hier aus möglich, und solange die Leute nicht hier am Parkplatz sind, können wir die Busse nicht losschicken - das ist eine Sicherheitsfrage.“

Ruhige Nacht

In der Nacht hatte sich die Lage noch etwas beruhigt: Während Donnerstagabend noch 2.500 Menschen in Spielfeld untergebracht waren, waren es in der Früh etwa 1.500. Jedoch mussten Hunderte die Nacht im Freien verbringen, sagte Rot-Kreuz-Einsatzleiter Benjamin Gürtel: „Die Nacht ist sehr ruhig verlaufen, leider haben nicht alle Personen in den Zelten Platz gefunden und mussten daher auf dem Vorplatz ausharren - und bei Temperaturen um null Grad ist es nicht sehr angenehm, die Nacht im Freien zu verbringen. Wir haben Aluminiumdecken ausgegeben, haben auch einen Versuch gestartet, Tee auszuschenken - das ist aber in diesem unkontrollierbaren Bereich sehr schwierig.“

Der Weitertransport in die Transitlager lief die ganze Nacht über, „das dauert allerdings, und es zieht sich, da aktuell sehr wenige Ressourcen zur Verfügung stehen“, so Gürtel. Hunderte Menschen wurden noch in der Nacht notdürftig in einer Mehrzweckhalle in Wagna untergebracht.

Wann kommen die nächsten Flüchtlinge?

Der erwartete Ansturm sei jedenfalls ausgeblieben, so Gürtel: „Genaue Zahlen sind nicht abschätzbar, es war allerdings kein Flüchtlingsstrom - wir reden hier von vereinzelten Personen.“ Mit einer Erweiterung der Zelte will man nun mehr beheizbare Fläche schaffen, denn die nächsten Flüchtlinge kommen bestimmt - die Frage ist nur, wann: „Wir können nur darauf reagieren, dass wir genügend Lebensmittel anschaffen, schauen, dass genügend warmes Wasser für Tee zur Verfügung steht, alles Weitere ist in behördlicher Hand“, so Gürtel.

Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sprach am Donnerstag bei einem Besuch in Spielfeld von einer „unannehmbaren Situation“, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) forderte einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen - mehr dazu in Mikl-Leitner in Spielfeld: „Festung Europa bauen“ - und erntete dafür am Freitag Kritik von Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) - mehr dazu in Flüchtlinge: Klug kritisiert Mikl-Leitners Wortwahl. Und in Spielfeld selbst herrscht zurzeit ohnhin eine surreale Stimmung - mehr dazu in Spielfeld: „Jetzt samma Nickelsdorf“ und in Flüchtlinge: Der Unmut steigt.

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