Flüchtlinge: Nagl will „Grenze dicht machen“

Der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) fordert angesichts der Flüchtlingsströme, man müsse „die Grenze zu Slowenien dicht machen, so gut das möglich ist“. Kritik kam umgehend von der SPÖ und den Grünen.

Deutschland werde seine Grenzen schließen, das ist für Nagl nur noch „eine Frage von Wochen. Wir brauchen einen Plan B“ - dies sei das Abriegeln der Grenze zu Slowenien.

„Kein Platz für Männer“

Frauen, Kindern und alleine flüchtende Jugendlichen solle laut Nagl weiterhin geholfen werden, „den Männern müssen wir aber klar zu verstehen geben, dass für sie hier kein Platz ist“, so der Bürgermeister, der sich bewusst ist, dass dem unschöne Szenen folgen würden. Aber „der Steiermark droht ansonsten die völlige Überforderung“. Rechtlich sieht Nagl keine Probleme: „Auf einem Schiff, das in Seenot geraten ist, werden zunächst auch die Frauen gerettet, nicht die Männer“, sagte er laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“.

Sprecher relativierte

Die Aussagen Nagls wurden am Nachmittag von Sprecher Thomas Rajakovics etwas relativiert: Das Gespräch sei en passant am Gang geführt worden, für Nagl bleibe vielmehr „weiterhin klar, dass bei 507 Millionen EU-Bürgern die Aufnahme von einer Million Flüchtlingen kein Problem wäre. Die Realität sieht jetzt anders aus, denn ausschließlich Schweden, Deutschland und Österreich sind bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Da Deutschland in den nächsten Tagen die Aufnahme stark drosseln wird, muss es auch für uns einen Plan B geben“.

Weiters hieß es in der Stellungnahme des Bürgermeisters, man müsse „die Grenzen sichern so gut es geht, aber gleichzeitig den Schwächsten unter den Flüchtenden uneingeschränkt die Möglichkeit zu einer Einreise bieten. Die Schwächsten sind Familien - Mutter, Vater, Kinder -, Frauen und allein reisende Kinder und Jugendliche. Ohne Prioritäten zu setzen, wird Österreich den Zustrom nicht bewältigen“, so Nagl laut seinem Sprecher.

SPÖ: „Zynisch“

Die Forderungen des Bürgermeisters zogen umgehend Kritik von SPÖ und Grünen nach sich. SPÖ-Graz-Geschäftsführer Bernhard Just nannte Nagls Vorschlag in einer schriftlichen Reaktion „zynisch“. Der Bürgermeister gebe „wieder einmal den Rechtspopulisten, wenn er sagt ‚auf einem Schiff in Seenot werden zuerst auch die Kinder und Frauen gerettet, nicht die Männer‘ - und dann die Männer gleich gar nicht mehr retten, sondern ertrinken lassen will“. Eine selektive Grenzschließung sei nicht umsetzbar; „Grenzen dicht“ würde zudem die stark exportorientierte steirische Wirtschaft massiv Jobs kosten, so Just, dessen Partei mit der Grazer ÖVP ein Arbeitsübereinkommen hat.

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Menschen zwischen den Grenzen

Hinter jedem Flüchtling steht ein Schicksal. ORF-Steiermark-Reporter Gernot Frischenschlager hat mit einigen gesprochen.

Grüne: „Absurde Idee“

Die Grüne Umwelt- und Kulturstadträtin Lisa Rücker warf Nagl vor, die Haltung in der Flüchtlingsfrage aufzugeben. Die Grundvoraussetzungen, diese bewältigen zu können, seien „aktive Verantwortungsübernahme, vertrauensbildende Maßnahmen und eine laufende Aufklärung über die Situation durch die verantwortlichen ranghöchsten Politiker in unserem Land“, so Rücker.

Nagl habe diese Verantwortung in Graz bisher glaubwürdig wahrgenommen, nun folge er seinem Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer „in ein Fahrwasser, das die Gesellschaft weiter spalten wird. Mit der Forderung nach Zäunen, dem Prognostizieren von ‚unschönen Szenen‘ und der absurden Idee, Männer vom Asylrecht auszuschließen ist jetzt niemandem geholfen.“

FPÖ-Kritik an Schützenhöfer: „Zick-Zack-Kurs“

Die Flüchtlingsfrage nahm am Donnerstag auch der neue FPÖ-Landesparteiobmann und Klubchef Mario Kunasek zum Anlass, Schützenhöfer zu kritisieren: „Noch vor einem Monat wurden wir Freiheitliche im Rahmen einer Sondersitzung des Landtags verteufelt, jetzt stellt sich heraus, dass wir Recht hatten.“

Schützenhöfer habe damals auf die Forderung der FPÖ nach der Wiedereinführung von Grenzkontrollen erwidert, dass man offene Grenzen habe, es jetzt wieder Menschen gäbe, die Mauern hochziehen wollen und man so keine Probleme lösen könnte, so Kunasek. Am Mittwoch habe dann Schützenhöfer erklärt, der Grenzzaun käme ein halbes Jahr zu spät - mehr dazu in „Bauliche Maßnahmen“: „Richtige Richtung“. „Dieser Zick-Zack- Kurs schadet unserer Heimat“, so der Klubchef.

Unterdessen herrschte auch am Donnerstag am Grenzübergang Spielfeld ein stetes Kommen und Gehen: Tausende Flüchtlinge kamen an und wurden weitertransportiert - mehr dazu in Spielfeld: Erneut tausende Neuankünfte und in 100.000 in zwei Wochen (news.ORF.at).

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