Flüchtlinge: Protest und Gegendemo in Graz

Am Sonntag hat es in Graz zwei Demos in Sachen Flüchtlinge gegeben. Die rechtsextremen Identitären demonstrierten gegen eine Nutzung der Kirchner-Kaserne als Asylwerberquartier, die Offensive gegen Rechts gegen Fremdenfeindlichkeit.

Die Flüchtlingsbewegungen verlagerten sich seit Anfang Jänner vom steirisch-slowenischen Grenzübergang Spielfeld weitgehend in Richtung Kärnten. Die Ortswahl für die Kundgebung der Identitären-Bewegung dürfte deshalb auf die als mögliches Asylwerberquartier geplante Kaserne im Grazer Bezirk Jakomini gefallen sein - mehr dazu in Asylquartier Kirchner-Kaserne: Kritik von Nagl (22.12.2015).

Demonstrationen Sonntag

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Identitäre gegen Asylwerberquartier in Kaserne

Rund 200 Demonstranten der rechten Identitären protestierten vor der Kaserne gegen „Asylwahnsinn“. Die Kirchner-Kaserne, wo rund 400 Asylwerber untergebracht werden sollen, sei nur ein Symbol, sagte Patrick Lenart von den Identitären: „Wir sind generell gegen das Asylchaos in Österreich. Die Kirchner-Kaserne ist nur ein symbolischer Ort. Flüchtlinge gehören versorgt - aber in ihrem Land. Es ist nur eine Scheinlösung, wenn man Massen nach Europa holt. Das ist nicht packbar für Europa und Österreich. Wir haben drei Forderungen: sichere Grenzen, Hilfe vor Ort und Remigration.“

„Unsere Politiker sind schuld“

Die Faktenlage sei auf ihrer Seite, so Lenhart. „Alles, was wir sagen, ist von internationalen Experten auch gesichert. Die Flüchtlinge sind nicht unsere Gegner, sondern jene, die sie eingeladen haben. Diese Leute kommen nicht zum Spaß, die Leute kommen aus sehr schwerwiegenden Gründen. Unsere Politiker sind schuld, weil sie gesagt haben, es wäre möglich, diese Leute in Europa zu versorgen. Tatsächlich ist nur eine Lösung möglich, wenn man den Leuten vor Ort hilft.“ Gefragt, ob es sich dann nicht eigentlich um eine Demo gegen die Politik und nicht gegen Flüchtlinge handle, sagte Lenart: „Absolut, ja. Wir haben noch nie eine Demonstration gegen Flüchtlinge gemacht, wir betonen immer wieder, dass es gegen die Politik geht, die fahrlässig und verantwortungslos handelt und damit die Österreicher und die Flüchtlinge schädigt.“

Kurzmann: „Wollen hier kein Massenquartier“

Auch Gerhard Kurzmann (FPÖ), dritter Landtagspräsident, war bei der Demonstration der Identitären. „Meine Lebensgefährtin ist unmittelbar betroffen, die wohnt hier in der Kasernstraße. Und wir machen von unserem Demonstrationsrecht Gebrauch, dass wir sagen, wir wollen hier kein Massenquartier für Flüchtlinge - weder für Wirtschaftsflüchtlinge noch für sonstige Flüchtlinge. Dafür eignet sich der Standort nicht“, sagte Kurzmann.

Er habe keine Berührungsängste mit den Identitären, so Kurzmann: „Wenn sich die österreichische Bevölkerung gegen diese Überfremdung, die wir derzeit erleben, wehrt, dann stehe ich natürlich aufseiten der Betroffenen, nämlich in dem Fall der Bevölkerung.“

Demonstrationen Sonntag

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Gegendemo der Offensive gegen Rechts

Die Offensive gegen Rechts hielt ihre Gegenveranstaltung nur wenige Meter weiter unter dem Motto „Refugees are welcome - Stoppt die rechte Hetze“ ab. An dieser Demonstration nahmen laut Polizei rund 70 Personen teil.

„Rassismus entgegenwirken“

„Uns geht es darum, die andere Seite zu zeigen. Wir sind der Meinung, dass Flüchtlinge in Österreich willkommen sind. Wir wissen, dass es Probleme gibt, wie es in allen Bereichen Probleme gibt. Aber wir möchten Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenwirken und wollen zeigen, dass wir das ablehnen und für ein weltoffenes Graz stehen“, sagte David Kriebernegg von der Offensive gegen Rechts.

Den Bedenken so mancher Bürger halte er entgegen, so Kriebernegg, dass Ressentiments in vielen Fällen abnähmen, habe man direkten Kontakt mit Flüchtlingen, allerdings würden diese Ressentiments „von einigen Medien und von der FPÖ bewusst geschürt“, so Kiebernegg, die „fremdenfeindliche Propaganda machen.“

SJ kritisierte Kurzmann

Kritik an Kurzmanns Auftritt kam vom Landesvorsitzenden der Sozialistischen Jugend (SJ), Peter Drechsler: „Für den Präsidenten des Landesparlaments, der normalerweise überparteilich agieren sollte, ist das eine besondere Schande. Statt auch nur das Geringste zum friedlichen Zusammenleben in der Steiermark beizutragen, verbringen die steirischen Blauen ihre Sonntage anscheinend lieber damit, gegen Container zu demonstrieren, in denen Kriegsflüchtlinge bei Minusgraden zumindest ein Bett bekommen sollen – das ist traurig.“

Anzeigen nach Demonstrationen

Die Polizei war vorbereitet, es gab ein Großaufgebot. Ein Aufeinandertreffen der Demonstranten wurde wie angekündigt verhindert. Es habe allerdings einige Indentitätsfeststellungen gegeben, sagte Leo Josefus von der Landespolizeidirektion. In diesen Fällen wurde gegen das Vermummungsverbot verstoßen. Die Daten wurden aufgenommen.

Nach den Demonstrationen ist es offenbar zu einer Auseinandersetzung zwischen Teilnehmern der Demos gekommen. Zwei Studentinnen gaben an, gemeinsam mit sieben weiteren Leuten von einer Gruppe von fünf bis sechs Personen angegriffen worden zu sein. Dabei soll es sich laut Polizei möglicherweise um Anhänger der Identitären handeln.

Die Studentinnen, 22 und 25 Jahre alt, gaben an, dass die Täter Teleskopschlagstock und Gürtel als Waffen verwendet hätten. Die Polizei griff daraufhin zwei Verdächtige Männer aus Wien auf. Beide haben laut Polizei eine Aussage verweigert.

Kirchner Kaserne

SIVBEG

Kirchner-Kaserne

Die Kirchner-Kaserne sollte eigentlich von der Stadt erworben werden, um dort Wohnbauten zu errichten, wie schon auf dem Grund der früheren Hummelkaserne im Grazer Westen - mehr dazu in Grazer Kaserne zum Verkauf ausgeschrieben (15.12.2015).