Zweiter Dschihadistenprozess eröffnet

Am Freitag hat in Graz der zweite von vier Dschihadistenprozessen begonnen: Angeklagt sind acht Personen, zum Prozessauftakt erschienen aber nur fünf. Der Besucherandrang war groß.

Der Andrang war deutlich größer als beim ersten Prozess in dieser Woche. Nicht alle Interessierten wurden eingelassen, da das Kontingent an Sitzplätzen bald erschöpft war.

Dschihadisten-Prozesse in Graz

APA/Erwin Scheriau

Der Schöffenprozess rund um die mutmaßlichen Dschihadisten betrifft acht Angeklagte, darunter fünf Frauen. Sie sind alle russische Staatsangehörige, stammen großteils aus Tschetschenien und sind zwischen 21 und 47 Jahre alt. Sechs sind wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung, zwei Frauen wegen Falschaussage angeklagt. Nicht alle waren in Haft, zum Prozessauftakt erschienen nur fünf von ihnen - zwei Frauen und drei Männer.

Das Plädoyer des Staatsanwaltes dauerte rund eine Stunde und umfasste neben den Taten der Angeklagten auch einen knapp gefassten Abriss über die Zusammenhänge zwischen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und den tschetschenischen Gruppierungen, die dem IS nahestehen.

Staatsanwalt: Männer als IS-Kämpfer vermittelt

Dem Hauptangeklagten, einem 42-Jährigen, wird vorgeworfen, mehrere junge Männer als Kämpfer nach Syrien vermittelt zu haben. Er war als Prediger in einer Grazer Moschee tätig und soll so Kontakte geschlossen haben. Er selbst bezeichnete sich bei seiner Befragung als „radikaler Islamist“, mit dem Ziel, den strengen Islam auszuweiten.

Der Ankläger schilderte auch, dass er den Ehemann einer der Beschuldigten als Kämpfer zum IS geschickt haben soll. „Am 17. März 2013 ist er in Syrien angekommen, am 18. hat er das Gewehr bekommen, und am 19. war er tot“, schilderte der Staatsanwalt. Nach seinen Ausführungen wollte dann der 42-Jährige die junge Witwe zur dritten Frau nehmen, doch diese lehnte ab. Vielmehr soll sie ihre Abreise nach Syrien vorbereitet haben, um sich dort selbst dem IS anzuschließen, wurde aber mit ihren drei Kindern bereits auf dem Flughafen Wien gestoppt. Ihre Mutter hatte in ihrer Not die jüngste Schwester zur Polizei geschickt, um das Vorhaben der Älteren anzuzeigen. „Das war eine spontane, menschliche Reaktion in einem System, in dem Frauen enorm unterdrückt werden“, meinte der Staatsanwalt.

„Geschlossene Gesellschaft in der Gesellschaft“

Mittlerweile zog die Mutter die Aussage zurück - daher die Anklage wegen Falschaussage -, und die jüngere Schwester ist verschwunden, was laut Ankläger für diese „in sich geschlossene Gesellschaft innerhalb unserer Gesellschaft“ typisch sei. Die junge Witwe sitzt ebenso wie die beiden anderen Männer auf der Anklagebank, weil sie versucht haben soll, sich einer terroristischen Vereinigung anzuschließen.

Verteidiger: „Kein belastender Beweis“

Der Verteidiger des 42-Jährigen betonte, „ich verteidige keine Menschen, die junge Männer in den Krieg schicken“. Dann setzte er noch nach: „In den ganzen Akt hat sich kein belastender Beweis hineinverirrt.“ Die Anwältin der jungen Frau erklärte, diese sei vollkommen unschuldig, sie wollte nur nach Syrien, um Beweise zu bekommen, dass ihr Mann wirklich tot ist.

Am Freitag standen nur die Eröffnungsplädoyers von Anklage und Verteidigung auf dem Plan - einer der Angeklagten bekannte sich teilweise schuldig, die anderen nicht schuldig. Der Prozess soll nun am 25. Februar fortgesetzt werden.

Insgesamt 13 Angeklagte

Bei den Grazer Dschihadistenprozessen stehen insgesamt 13 Angeklagte vor Gericht. Sie wurden bei Großrazzien Ende 2014 in Linz, Wien und Graz festgenommen – mehr dazu in Mutmaßliche Dschihadisten angeklagt (10.11.2015), Wieder Dschihadismus-Festnahmen in Graz (2.4.2015), Freigelassener Dschihadist wieder festgenommen (26.1.2015) und Großrazzia gegen Dschihadisten in drei Städten (28.11.2014). In zwei Geschworenen- und zwei Schöffenverhandlungen werden nun die unterschiedlichen Straftaten verhandelt.

Den Beginn machte das Verfahren gegen einen 50-jährigen gebürtigen Bosnier, dem das Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der Tatbestand der kriminellen Organisation vorgeworfen wird. Am zweiten Verhandlungstag wurde der Angeklagte am Donnerstag unter anderem mit Video- und Telefonaufzeichnungen konfrontiert - mehr dazu in Bei Dschihadistenprozess IS-Videos vorgespielt und in Dschihadistenprozesse in Graz angelaufen.