Erster Dschihadisten-Prozess fortgesetzt

In Graz wird am Dienstag der erste Dschihadistenprozess fortgesetzt. Laut Anklage hatte ein gebürtiger Bosnier der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) als Kämpfer beitreten und einen Bekannten dorthin vermitteln wollen.

Beim dritten Dschihadistenprozess am Montag gegen einen 34 Jahre alten gebürtigen Serben und einem 28 Jahre alten Angehörigen der Russischen Föderation war der Gerichtssaal noch voll - mehr dazu in Grazer Dschihadistenprozess wurde vertagt; am Dienstag war das Interesse weitgehend abgeflaut, die strengen Sicherheitsvorkehrungen blieben nach wie vor aufrecht.

„Schwacher und milder Gläubiger“

Der gebürtige Bosnier, der sich zu Prozessauftakt Anfang Februar als „schwacher und milder Gläubiger“ bezeichnete - mehr dazu in Bei Dschihadistenprozess IS-Videos vorgespielt (4.2.2016) und in Dschihadistenprozesse in Graz angelaufen (2.2.2016) -, ist nicht geständig.

Nach Meinung des Staatsanwaltes hatte sich der Angeklagte ganz gezielt darauf vorbereitet, nach Syrien zu gehen und für den IS zu kämpfen, außerdem soll er einem Bekannten entsprechende Kontakte vermittelt haben. Im Dezember 2014 wurde der 50-Jährige auf seinem Weg nach Syrien in der Türkei gestoppt und schließlich in Kroatien festgenommen, weil mittlerweile ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vorlag.

Anhand blutiger Hinrichtungen „Arabisch lernen“

Bei einer Hausdurchsuchung wurden 150 CDs und DVDs sowie zahlreiche Videos auf dem Computer sichergestellt. Der 50-Jährige gab an, er habe mit diesem Material nur Arabisch lernen wollen. Teilweise zeigen die Streifen aber nur blutige Hinrichtungen mit Gesängen oder Musik im Hintergrund, gesprochen wird gar nicht. „Aus diesen Videos können sie kein Arabisch lernen, da sind wir uns einig“, meinte der Richter.

Dem gebürtigen Bosnier wird auch vorgeworfen, zumindest einen Bekannten als Kämpfer angeworben zu haben. Bisher hatte er alles geleugnet, am Dienstag räumte er aber ein: „Ich habe es nicht gewollt, aber ich habe es gewusst.“ Über die Radikalisierung von Jugendlichen in den Moscheen will er aber mit Sicherheit nichts gewusst haben: Dass zwei von ihnen als Kämpfer nach Syrien gegangen waren, „haben wir erst später erfahren“.

Facebook-Accounts dokumentiert Reisepläne

Auswertungen von Facebook-Accounts lassen zudem die Reise- und Auswanderungspläne des 50-Jährigen in einem anderen als dem von ihm angegebenen Licht erscheinen: Bisher hatte der Angeklagte stets angegeben, er habe bei seiner Reise in die Türkei nur Kleidung kaufen wollen, weil er damit einen Handel beginnen wollte; an eine Weiterreise nach Syrien habe er nie gedacht, dem IS wollte er sich auch nicht anschließen. Nun aber wertete die Staatsanwaltschaft New York seinen Facebook-Account sowie den eines befreundeten Mannes aus: Dabei zeigen Fotos den Bekannten in eindeutiger Pose mit Kalaschnikow, außerdem gibt es belastende Dialoge.

„Normal leben“ in Syrien

„Ich hatte für mich die Reise nach Syrien geplant“, gab der Angeklagte schließlich zu. „Was wollten sie in Syrien?“, fragte der Richter. „Normal leben. Manche kämpfen, aber das muss jeder für sich entscheiden“, erklärte er. Seine Frau hätte er mitgenommen: „Sie wollte das auch“. „Haben sie sich es jetzt überlegt, wollen sie jetzt alles sagen?“, ermunterte ihn dann der Richter zu einem umfassenden Geständnis. „Sie haben jetzt alles entdeckt“, entgegnete der Angeklagte. Da schaltete sich der Staatsanwalt ein: „Der Vorsitzende ist wirklich angenehm, erzählen sie ihm alles, es nützt ihnen wirklich.“

„Wir schneiden hier gar nichts ab“

Ganz überzeugt war der 50-Jährige davon aber offenbar nicht, denn er meinte: „Ich werde alles sagen, wenn sie mich fragen, aber ich werde nichts voraus sagen, ich werde ihnen nicht helfen.“ Dann wurde er mit Fotos von einigen IS-Kämpfern konfrontiert: „Ich kenne die nicht, und wenn sie mir die Hand abschneiden“, beteuerte er. „Wir schneiden hier gar nichts ab“, kommentierte der Staatsanwalt.

Insgesamt 13 Angeklagte

Bei den Grazer Dschihadistenprozessen stehen insgesamt 13 Angeklagte vor Gericht. Sie wurden bei Großrazzien Ende 2014 in Linz, Wien und Graz festgenommen – mehr dazu in Mutmaßliche Dschihadisten angeklagt (10.11.2015), Wieder Dschihadismus-Festnahmen in Graz (2.4.2015), Freigelassener Dschihadist wieder festgenommen (26.1.2015) und Großrazzia gegen Dschihadisten in drei Städten (28.11.2014). In zwei Geschworenen- und zwei Schöffenverhandlungen werden nun die unterschiedlichen Straftaten verhandelt.

Den Beginn machte das Verfahren gegen den 50-jährigen gebürtigen Bosnier; im zweiten Dschihadistenprozess sind acht Personen angeklagt, zum Prozessauftakt Anfang Februar erschienen aber nur fünf - mehr dazu in Zweiter Dschihadistenprozess eröffnet (5.2.2016). Im dritten - und größten - Prozess stehen ein mutmaßlicher „Hassprediger“ und ein mutmaßlicher IS-Kämpfer vor Gericht - dieses Verfahren wurde am Montag für mindestens sechs Monate vertagt - mehr dazu in Grazer Dschihadistenprozess wurde vertagt.