Dschihadistenprozess: Angeklagter randalierte
Dem gebürtigen Bosnier wird vorgeworfen, dass er sich als Kämpfer der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) anschließen wollte und dafür auch einen Bekannten anwarb. Am Dienstag hatte er erstmals zugegeben, dass er nach Syrien reisen wollte, um dort zu leben, das aber erst, nachdem er mit belastendem Facebook-Material konfrontiert worden war - mehr dazu in Erster Dschihadisten-Prozess fortgesetzt.
„Das ist eine Frechheit“
Am Mittwoch soll er nun in seiner Zelle mit Gegenständen um sich geworfen haben: „Das ist eine Frechheit“, soll er geschrien haben, als er wieder einmal kontrolliert werden sollte. Der 50-Jährige wird - wie alle Gefangenen, die von der Justizanstalt in den Gerichtssaal geführt werden - auf diesem Weg - auch mehrmals täglich - genauestens durchsucht; darüber hatte er sich angeblich bereits am Dienstag beim Richter beschwert. Das Gericht verständigte nun einen Psychiater.
„Urlaub“ als Ausreise nach Syrien
Vor Gericht war der Angeklagte dann später wieder friedlich, wurde aber mit neuen Auswertungen seines Facebook-Accounts konfrontiert. Einem Freund, der als Kämpfer zur Terrormiliz Islamischer Staat ging, hatte er geschrieben: „Ich habe versucht, in den Urlaub zu kommen, aber sie haben mich in Istanbul zurückgeschickt.“
Den Richter interessierte, warum er dem Bekannten das geschrieben hatte: „Weiß ich nicht“. Der Staatsanwalt ermahnte ihn: „Ich habe Ihnen gesagt, ein Geständnis ist ein Milderungsgrund, das ist ja schon wieder keines.“ Also fragte der Richter nochmals, warum er das geschrieben habe: „Damit er weiß, dass ich nicht in den Urlaub gekommen bin und wieder zuhause bin“, meinte der Angeklagte. Dass „Urlaub“ für „Ausreise nach Syrien“ steht, schien dem Gericht bewiesen, und das gab er auch zu.
Vorwürfe an Österreich
Dann schilderte der Bosnier einmal mehr, wie schlecht Muslime in Österreich behandelt werden würden. Da wurde es dem Staatsanwalt zu viel: „Sie regen sich auf, weil hier jemand schlecht behandelt wird, aber Sie würden in Syrien in einem Haus wohnen, das andere gebaut haben und aus dem sie vertrieben wurden. Sie brauchen nicht so sensibel zu sein. Diese Heuchelei geht mir auf die Nerven.“
Als der Richter noch wissen wollte, was der Angeklagte „rein hypothetisch“ in Syrien getan hätte, platzte dem Ankläger endgültig der Kragen: „Da geht es nicht um Hypothesen, da sind Menschen getötet und geköpft worden.“
Fortsetzung am Donnerstag
Mehrere Zeugen, darunter auch der islamische Prediger, entschlugen sich ihrer Aussage, da gegen sie selbst ein Verfahren anhängig ist. Der Prozess wird am Donnerstag um 09.00 Uhr fortgesetzt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Schöffensenat dann auch zu einem Urteil kommen.
Insgesamt 13 Angeklagte
Bei den Grazer Dschihadistenprozessen stehen insgesamt 13 Angeklagte vor Gericht. Sie wurden bei Großrazzien Ende 2014 in Linz, Wien und Graz festgenommen – mehr dazu in Mutmaßliche Dschihadisten angeklagt (10.11.2015), Wieder Dschihadismus-Festnahmen in Graz (2.4.2015), Freigelassener Dschihadist wieder festgenommen (26.1.2015) und Großrazzia gegen Dschihadisten in drei Städten (28.11.2014). In zwei Geschworenen- und zwei Schöffenverhandlungen werden nun die unterschiedlichen Straftaten verhandelt.
Den Beginn machte das Verfahren gegen den 50-jährigen gebürtigen Bosnier; im zweiten Dschihadistenprozess sind acht Personen angeklagt, zum Prozessauftakt Anfang Februar erschienen aber nur fünf - mehr dazu in Zweiter Dschihadistenprozess eröffnet (5.2.2016). Im dritten - und größten - Prozess stehen ein mutmaßlicher „Hassprediger“ und ein mutmaßlicher IS-Kämpfer vor Gericht - dieses Verfahren wurde am Montag für mindestens sechs Monate vertagt - mehr dazu in Grazer Dschihadistenprozess wurde vertagt.