Gerhard Roth erhält Großen Staatspreis

Der Schriftsteller Gerhard Roth erhält den Großen Österreichischen Staatspreis 2016. Der gebürtige Grazer lenkte in mehreren Werken einen kritischen Blick auf die österreichische Nachkriegsgeschichte.

„Gerhard Roth ist ein Autor, der wie viele andere seiner Generation von Graz – dem Forum Stadtpark und den ‚manuskripten‘ – aufgebrochen ist, um die deutschsprachige Literatur zu erobern“, lobte Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) in einer Aussendung am Freitag das Schaffen des 73-jährigen Steirers.

Zentrale Werke der Nachkriegsliteratur

Mit seinen beiden Romanzyklen „Archive des Schweigens“ und „Orkus“ habe Roth zwei zentrale Werke der österreichischen Nachkriegsliteratur geschaffen, in denen er einen kritischen Blick auf die österreichische Geschichte und den versteckten Alltag gelenkt hat, heißt es weiter.

„Ich habe ja lange Zeit sehr harte Kritiken in Österreich bekommen. Aber jetzt freue ich mich, dass das zu einem Ende gefunden hat“, zeigte sich der Preisträger erfreut. Für ihn sei die Auszeichnung auch „eine Versöhnungsgeste“. „Ich habe alles aus mir herausgeholt und das wird jetzt zur Kenntnis genommen. Darüber freue ich mich sehr“, so der Autor.

Schriftsteller Gerhard Roht

APA/Roland Schlager

Gerhard Roth erhält den Großen Österreichischen Staatspreis 2016

„In immer wieder neuen literarischen Formen umkreist er die Vergangenheit Österreichs und schreibt damit nicht nur eine etwas andere Geschichte unseres Landes, sondern unternimmt mit seiner Erinnerungsarbeit eine Abenteuerreise in die menschliche Seele“, so Ostermayer.

Literaturkarriere auf Umwegen

Der Kunstsenat betonte in seiner Empfehlung für die Vergabe des Preises an Roth, dass er „einer der bedeutendsten und international bekanntesten österreichischen Schriftsteller ist“. Roth wurde am 24. Juni 1942 in Graz geboren und lebt in Wien und der Südsteiermark. Nach dem Willen seines Vaters, eines Arztes, studierte er ab 1961 in seiner Heimatstadt Medizin, brach das Studium jedoch 1967 ab.

1966 bis 1977 arbeitete er als Programmierer und Organisationsleiter im Grazer Computerrechenzentrum, um neben seiner literarischen Tätigkeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ab den frühen 1970er Jahren veröffentlichte er experimentelle Prosa (etwa 1972 „die autobiographie des albert einstein“) und versuchte sich auch als Theaterautor („Lichtenberg“, „Sehnsucht“, „Dämmerung“).

Erster Preis in Sparte Literatur seit 2012

Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet. So erhielt er etwa den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln (1994), den Bruno-Kreisky-Preis (2003), den Jakob-Wassermann-Preis (2012) und den Jean-Paul-Preis (2015).

Der mit 30.000 Euro dotierte und 1950 begründete Große Österreichische Staatspreis wird ohne festgelegtes Rotationsprinzip innerhalb der Sparten Literatur, Musik, Bildende Kunst und Architektur vergeben. 2015 wurde das Architektenduo Elke Delugan-Meissl und Roman Delugan ausgezeichnet - mehr dazu in Großer Staatspreis für Delugan-Meissl (news.ORF.at; 11.5.2015). Roth ist der erste Preisträger der Sparte Literatur seit vier Jahren.

Aktuell arbeitet Roth an seinem nächsten Werk. „Nächstes Jahr kommt zu meinem 75. Geburtstag ein Roman über Venedig heraus, ‚Ein venezianischer Alptraum‘. Da bin ich jetzt an den letzten Korrekturen. Aber inzwischen arbeite ich schon wieder am nächsten. Das ist das Einzige was mich sozusagen in geistiger Form hält“, meint der Autor.

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