TA-Affäre: Ex-Finanzvorstand Schieszler befragt

Im Prozess um eine angebliche Parteispende der Telekom Austria (TA) an die Grazer ÖVP ist am Donnerstag Gernot Schieszler als Kronzeuge befragt worden. Laut dem ehemaligen TA-Finanzvorstand ging die Spende an die Bundes-ÖVP.

„Wir hätten die Grazer ÖVP nicht gesponsert. Dann wäre die ÖVP Gramatneusiedl auch dahergekommen, auch wenn es ein anderes Bundesland ist“, sagte Schieszler am Donnerstag vor dem Wiener Straflandesgericht. „Das System“ sei schon gewesen, „das ganz oben anzusiedeln. Auf Bundesebene. Das macht keinen Sinn, das einer Regionalorganisation zu übergeben“.

Man müsse „oben ansetzen. Gesetze und Verordnungen werden vom Bund gemacht“. Ob die Bundes-ÖVP das Geld Richtung Graz weiterleitete, könne er nicht sagen: „Ob das weiterverteilt wird, war für mich irrelevant.“

Schieszler sagte als Kronzeuge aus

Der ehemalige TA-Finanzvorstand genießt in Sachen Telekom den „Kronzeugen“-Status: Ehe konkret gegen ihn strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden, wandte er sich an die Justiz und gab dubiose Zahlungsvorgänge der Telekom preis. Darunter waren auch die prozessgegenständlichen 120.000 Euro, die laut Anklage von einer Telekom-Tochter an eine Grazer Werbeagentur, die wiederum für die Grazer ÖVP arbeitete, überwiesen wurden; das Ganze geschah auf Basis einer Scheinrechnung - mehr dazu in TA-Affäre: Mitangeklagte entlastete Schönegger (27.4.2016)

Für Nationalrats- und nicht Gemeinderatswahlkampf

Schieszler, der von den Strafverfolgungsbehörden aufgrund seiner Kooperation nicht verfolgt wird, gab sich überzeugt, dass die Parteispende für die Bundes-ÖVP für den Nationalratswahlkampf im Herbst 2008 gedacht war: „Davon gehe ich aus“, bekräftigte er auf Nachfrage.

Als der Staatsanwalt nachhakte, ob der Geldfluss nicht doch - wie angeklagt - zur Stärkung der Schwarzen bei den Grazer Gemeinderatswahl Anfang 2008 hätte dienen können, zumal der - von der Anklage mitumfasste - Grazer ÖVP-Geschäftsführer Bernd Schönegger bei den bundesweiten Wahlen ein paar Monate später in den Nationalrat einzog, erwiderte Schieszler: „Ein einfacher Abgeordneter? Bei allem Respekt, das zahlt sich nicht aus.“

Ratlosigkeit löste Moral ab

Grundsätzlich bemerkte Schieszler, die Telekom sei damals als teilstaatliches Unternehmen ständig finanzieller Begehrlichkeiten seitens politischer Parteien, ihrer Vorfeldorganisationen und Funktionäre und Lobbyisten ausgesetzt gewesen: „Irgendwann hinterfragen sie das nicht mehr. Das ist Teil des Systems. Das kommt von der Beteiligung der öffentlichen Hand.“ Seine „moralische Betroffenheit“ sei „schon in Ratlosigkeit abgeglitten“, erinnerte sich Schieszler: Er habe sich „über Inhalt und moralische Aspekte keine Gedanken mehr gemacht“, ihm sei „schon ganz schlecht gewesen von dem Ganzen“, so der frühere TA-Vorstand.

„Vorzunehmen und nicht zu hinterfragen“

Schieszler betonte, er habe im gegenständlichen Fall nicht mit dem angeklagten Ex-TA-Vorstand Rudolf Fischer gesprochen, sondern sei direkt vom damaligen Head of Public Affairs auf die 100.000 Euro angesprochen worden, der zuvor als Organisationsreferent der ÖVP zur TA gewechselt hatte. Er habe den Rechnungstext „angesagt“ und die beiden - ebenfalls von der Anklage umfassten - Geschäftsführer der Telekom-Tochter angewiesen, das Geld „freizugeben“. Den beiden sei klar gewesen, dass die Überweisung „vorzunehmen und nicht zu hinterfragen ist“.

Die Aussage der Grazer Werberin, die behauptet hatte, sie sei von Schieszler kontaktiert worden und habe von ihm Anweisungen in Bezug auf ihre „Scheinrechnung“ erhalten, wies der 46-Jährige zurück: „Ich hab’ was anderes zu tun, als jemand in einem anderen Bundesland anzurufen und zu sagen, es sind 100.000 Euro abzuholen.“

Prozess auf Juni vertagt

Konkret will die mit ihrer Agentur mittlerweile in die Insolvenz geschlitterte Unternehmerin vom bekannten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Karl Bruckner einen Auftrag für eine österreichweite Markt und Meinungsforschung erhalten haben; dieser verstarb jedoch im Juli 2012 und steht damit nicht mehr als Zeuge zur Verfügung.

Ihre Ergebnisse - unter anderem sollen in jedem Bundesland mehrere 1.000 Personen befragt worden sein, um die Beliebtheitswerte der damaligen ÖVP-Minister zu ermitteln - will die 35-jährige Werberin dem damaligen ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon übergeben haben. Unterlagen dazu gebe es laut der Angeklagten jedoch keine mehr: Der Masseverwalter ihrer insolventen Firma habe den Server mit den Daten gelöscht. Der Prozess wurde auf Juni vertagt, dann soll auch Missethon befragt werden.