RH-Präsidentenamt: Griss kandidiert nicht
Die ehemalige Präsidentin des Obersten Gerichtshofes (OGH) wollte das Wochenende dazu nutzen, sich zu entscheiden, wohin ihre künftige berufliche Reise geht - und diese führt sie nicht an die Spitze des Rechnungshofes, wie sie am Montag bekanntgab: Die einstige unabhängige Präsidentschaftskandidatin, die bei der Wahl den dritten Platz erreicht hatte, sieht laut eigener Aussage andere Persönlichkeiten geeigneter für dieses Amt - mehr dazu in Ex-Hofburg-Kandidatin legt sich fest (news.ORF.at).
„Höchste Fachkompetenz“ gefordert
Griss sieht es als gutes Zeichen, dass mehrere Parteien bereit waren, eine unabhängige Persönlichkeit für das Amt der Rechnungshofpräsidentin zu nominieren. Dennoch sei es notwendig, „höchste Fachkompetenz“ in dieses „wichtige Amt“ einzubringen; dabei brauche es einfach die besten Köpfe, argumentierte Griss ihre Absage. Die ehemalige OGH-Präsidentin zeigte sich zuversichtlich, dass sich eine Person finden werde, die beide Anforderungen - Unabhängigkeit und beste Qualifikation - erfüllt.
Auch private Gründe sind laut Griss entscheidend für die Absage ihrer Kandidatur. Noch im Juni will sie ihre beruflichen Pläne bekanntgeben, kündigte sie an.
Angebote von mehreren Seiten
Zuletzt hatten mit Ausnahme der FPÖ alle im Nationalrat vertretenen Parteien zumindest Sympathie für eine Kandidatur von Griss gezeigt. Der erste, der sich für sie als Rechnungshofpräsidentin stark machte, war ein Steirer: ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka brachte sie kurz nach dem Scheitern bei der Bundespräsidentschaftswahl ins Spiel. In der Vorwoche sagte dann Neo-Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef Christian Kern in mehreren Zeitungsinterviews, er halte Griss für eine geeignete Kandidatin.
Unterstützung hatte Griss auch von den Grünen bekommen: Bundessprecherin Eva Glawischnig sagte, dass sie Griss als Präsidentin des Rechnungshofes für eine absolut gute Lösung halten würde. Die NEOS, die Griss schon im Bundespräsidentschaftswahlkampf unterstützt hatten, hielten sie laut Chef Matthias Strolz für eine sehr gut geeignete Kandidatin, und auch das Team Stronach hätte sich das laut Klubchef Robert Lugar gut vorstellen können.
„Verhältnisse haben sich geändert“
Die gebürtige Steirerin schlug die Angebote zunächst aus, schwenkte dann in der Vorwoche aber um, als sie anklingen ließ, sich vorstellen zu können, Josef Moser an der Spitze des Rechnungshofes nachzufolgen: „Denn die Verhältnisse seit dem ersten Mal, seit ich gefragt wurde, haben sich ja doch verändert. Ich glaube, dass jetzt eine Chance besteht, dass sich die Politik ändert. Wir haben einen neuen Bundeskanzler, wir haben den Willen zur Zusammenarbeit in der Regierung. Ich bin Optimistin und hoffe, dass etwas umgesetzt wird, und vielleicht kann hier eine Rechnungshofpräsident, eine Rechnungshofpräsidentin, etwas dazu beitragen, dass die Politik besser wird“, so Griss.
Moser für Frau
In einem Monat endet nach zwölf Jahren die Amtszeit von Rechnungshof-Präsident Josef Moser. Moser selbst machte klar, dass er eine Frau als Nachfolgerin im Amt begrüßen würde; er wollte sich allerdings nicht festlegen, ließ aber indirekt eine Präferenz für eine Kandidatin aus dem Rechnungshof erkennen: Die dortigen Sektionschef-Posten seien bereits zur Hälfte mit Frauen besetzt, und diese seien alle bestens qualifiziert, so Moser.
ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka reagierte als Erster und zeigte sich enttäuscht. „Es gibt aber natürlich weitere überparteiliche Kandidaten, die perfekt das Amt der Präsidentin oder des Präsidenten des Rechnungshofes führen werden“, stellte er fest. Der ÖVP-Klub werde seine Kandidaten am Mittwoch fixieren.