Das war Tag drei im Amokfahrerprozess

Am Donnerstag ist im Grazer Amokfahrerprozess der dritte Verhandlungstag angestanden. Es wurden viele Zeugen gehört, und viele von ihnen waren bei ihren Aussagen emotional tief bewegt.

Liveticker aus dem Gerichtssaal

steiermark.ORF.at berichtete via Liveticker direkt aus dem Gerichtssaal: Tag drei im Grazer Amokfahrerprozess

Die Schilderungen der Zeugen waren auch am Donnerstag geprägt von Fassungslosigkeit, einige kämpften mit den Tränen, manche fühlten sich außerstande, im Gericht zu erscheinen.

Eine Frau erzählte, wie sie an diesem 20. Juni in der Hamerlinggasse unterwegs war und sah, dass ein anderer Radler von dem SUV angefahren wurde. Sie selbst konnte sich vor einem Geschäft in Sicherheit bringen, ihr Rad wurde aber noch gestreift: „Ich wollte den Fahrradständer betätigen, da habe ich gemerkt, dass er weg war, so nahe ist er an mich herangekommen.“ Sie wollte die Rettung verständigen, „aber ich habe so gezittert, dass ich nicht telefonieren konnte“, sagte sie. „Hatten Sie das Gefühl, er hat sie anvisiert?“, wollte der Richter wissen. „Ja, schon.“

„Wie eine Verfolgungsjagd“

„Ich habe geglaubt, ich bin in einem Hollywood-Film, es war wie eine Verfolgungsjagd“, sagte ein anderer Zeuge. Übereinstimmend berichteten die meisten, dass der Wagen mit mindestens 50 bis 60 km/h dahergekommen sei, in der Herrengasse soll er nochmals etwas beschleunigt haben.

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Obwohl der 27-Jährige bisher immer betonte, er könne sich an die Fahrt nicht erinnern, wusste er doch, dass er in der Stubenberggasse gewendet hatte: „Eine Sackstraße, da war eine Baustelle“, sagte er ganz konkret.

Richter verliert zunehmend die Geduld

Generell kann man sagen, dass das Klima im Gerichtssaal rauer und auch lauter wird - es hat den Anschein, als würde dem Richter zunehmend der Geduldsfaden reißen: „Herr ..., wie kann es sein, dass Sie auf Fragen der Verteidigerin antworten, aber immer, wenn wir oder die Geschworenen fragen, dann sagen Sie, Sie können sich nicht erinnern oder Sie seien selber Opfer. Das kann doch nicht sein.“

Am Nachmittag drehten sich die Schilderungen der Zeugen dann vor allem um jenen Teil der Amokfahrt, der sich in der Herrengasse abspielte - dort wurden ein vierjähriger Bub und eine 53-jährige Frau überfahren und getötet.

Man merkte den Zeugen deutlich an, welche tiefen Spuren das Geschehen vom 20. Juni auch bei den körperlich Unverletzten hinterlassen hat. Viele rangen um Fassung, einige weinten, häufig sah man ein Zittern. Manche schauen sich beim Hinausgehen den Beschuldigten ganz genau an, andere mieden jeden Blick in seine Richtung. Übereinstimmend erklärten die Befragten, dass sie das Gefühl hatten, der Geländewagen habe sie anvisiert; niemand glaubte, dass hier ein Fahrer die Kontrolle über sein Auto verloren hatte.

Ein Stück der Amokfahrt

Das Video zeigt Bilder einer Überwachungskamera - es verdeutlicht die Geschwindigkeit, mit der der Amokfahrer durch Graz raste.

„Die Frau war bereits sterbend“

Ein Mann schilderte, wie er sich gerade noch retten konnte und sah, wie die 53-Jährige angefahren wurde. „Ich bin zu ihr hin und habe ihren Puls gefühlt, aber sie war bereits sterbend“, sagte der langjährige Rettungsmitarbeiter.

Die tote Frau hatte bei einem anderen Passanten einen Schock ausgelöst, weil er zuerst dachte, es sei sein Sohn, mit dem er unterwegs war und der die gleiche Hose getragen hatte. Der Sohn und die Mutter hatten sich allerdings bei der Stadtpfarrkirche in einen Mauervorsprung gerettet, der Vater war auf die Stufen geflüchtet. „Mein Mann hat geschrien, weil er unseren Sohn nicht gleich gesehen hat und gedacht hat, er liegt da“, so die Mutter.

„Ich habe eine Bauchlandung auf die Straßenbahngleise gemacht“, sagte eine Frau, die vor dem Auto gerade noch wegspringen konnte und mit einer Fußverletzung davongekommen war: „Es war ein furchtbares Chaos“, sagte sie. Der Prozess wird am Freitag um 9.00 Uhr fortgesetzt.